Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 690
DOI: 10.1055/s-0039-1694437
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auf dem Weg zu einer geschlechtersensiblen und intersektionalen Gesundheitsberichterstattung. Fokusgruppenergebnisse zur geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt

K Pöge
1   Robert Koch-Institut, Berlin
,
S Strasser
1   Robert Koch-Institut, Berlin
,
A Rommel
1   Robert Koch-Institut, Berlin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Die Gesundheitsberichterstattung (GBE) liefert Informationen über die Gesundheit der Bevölkerung. Sie ist eine wichtige Grundlage für die Gesundheitspolitik mit dem Ziel der Verbesserung von Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung. Um die gesellschaftliche Vielfalt besser abbilden zu können, entwickelt das BMBF-geförderte Verbundprojekt AdvanceGender Empfehlungen für eine geschlechtersensible und intersektionale GBE. Die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt soll hierbei systematisch berücksichtigt werden, die lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Perspektiven (LSBTIQ) umfasst. Eine verstärkte Repräsentation von zivilgesellschaftlichen Perspektiven ermöglicht es, die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt und deren Bedeutung für gesundheitliche Ungleichheiten sichtbarer zu machen.

Um den Zugang zu zivilgesellschaftlichen Perspektiven methodisch zu erproben, wurden vier Fokusgruppen zu Geschlecht und Gesundheit durchgeführt. Diese berücksichtigen jeweils verschiedene Intersektionen zwischen Geschlecht und weiteren Differenzkategorien bspw. Migration, sexuelle Orientierung und Behinderung. Teilgenommen haben Vertreter*innen z.B. aus Beratung, Versorgung, Nichtregierungsorganisationen und dem öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Diskussionen wurden auf Tonband aufgenommen, transkribiert und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2000) ausgewertet.

Ein zentrales Gesundheitsthema im Bereich der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt ist die Versorgung, da spezifische Versorgungsbedarfe und Barrieren zur Versorgung bestehen. Drei Ebenen des Versorgungszugangs lassen sich identifizieren: 1) die individuelle Ebene der Inanspruchnahme, 2) die Interaktionsebene sowie 3) die Ebene des Versorgungssystems. Der Versorgungszugang beeinflusst die Gesundheit von LSBTIQ Personen und trägt zur Erklärung von gesundheitlicher Ungleichheit bei.

Die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen ist gewinnbringend für die Identifizierung von zentralen Themen und Erklärungsansätzen für gesundheitliche Ungleichheiten. Durch die Einbeziehung von Expertisen zu spezifischen Lebenslagen kann die Berichterstattung die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt besser abbilden und damit die gesundheitliche Chancengleichheit stärken.