Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 718-719
DOI: 10.1055/s-0039-1694527
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Jugendsexualität in Deutschland – früher und riskanter? Trendergebnisse der HBSC-Studie von 2002 – 2018

K Heilmann
1   Institut für Medizinische Soziologie (IMS) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)
,
M Richter
1   Institut für Medizinische Soziologie (IMS) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)
,
I Moor
1   Institut für Medizinische Soziologie (IMS) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Im Jugendalter sind die Entdeckung der eigenen Sexualität und das Sammeln erster sexueller Erfahrungen ein zentraler Bestandteil der Entwicklung. Jedoch gibt es, neben der Jugendsexualitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, kaum Trendanalysen zur Jugendsexualität, die Vergleichsdaten liefern und riskante Verhaltensweisen berücksichtigen. Daher ist es das Ziel dieser Studie entsprechende zeitliche Entwicklungen im Sexual-/Verhütungsverhalten von Heranwachsenden für Deutschland zu untersuchen und dabei auch den Zusammenhang mit riskanten Rauscherfahrungen zu analysieren.

Methode:

Datenbasis bildet der deutsche Survey der internationalen „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC)-Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2002 – 2018. Das Sexual-/Verhütungsverhalten (sexuelle Aktivität, Alter beim ersten Geschlechtsverkehr, Verwendung Kontrazeptiva (Kondom/Pille)) von Neuntklässlern (N = 7.986) wurde im Zusammenhang mit häufiger Betrunkenheit und differenziert nach Geschlecht analysiert.

Ergebnisse:

Es zeigt sich eine Abnahme der sexuellen Aktivität, insbesondere für Mädchen, jedoch eine deutliche Vorverlagerung des Alters beim ersten Geschlechtsverkehr von 2002 – 2014, mit einem wieder rückläufigen Trend im Jahr 2018. Insgesamt nutzen verhältnismäßig viele sexuell aktive Jugendliche keine Kontrazeptiva (Pille/Kondom), wobei im Zeitverlauf eine Zunahme der Nicht-Nutzung erkennbar ist. So nutzen z.B. rund 8,0 Prozent im Jahr 2010 kein Kondom, wohingegen im Jahr 2018 bereits ca. 36,0 Prozent nicht mit Kondom verhüten. Heranwachsende, insbesondere Mädchen, die von mehrfacher Betrunkenheit berichten, sind deutlich häufiger sexuell aktiv. Für die Nutzung von Kontrazeptiva zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang mit regelmäßiger Betrunkenheit.

Diskussion:

Jugendliche sind im Zeitverlauf weniger häufig, jedoch bereits früher sexuell aktiv. Zudem ist ein hoher Rückgang der Nutzung von Kontrazeptiva zu verzeichnen. Häufige Rauscherfahrungen scheinen mit dem „Einstieg“ in die sexuelle Aktivität im Jugendalter assoziiert zu sein. Es besteht Bedarf an einer verstärkten Sexualaufklärung hinsichtlich der Risiken von Nicht-Verhütung (u.a. ungewollten Schwangerschaften, STIs). Die Sexualaufklärung sollte schon frühzeitig ansetzen, um die sexuelle Gesundheit von Heranwachsenden zu stärken.