Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 731
DOI: 10.1055/s-0039-1694563
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ehrenamt in der akutstationären Versorgung – zwischen Wunsch und Wirklichkeit

M Philippi
1   Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar), Saarbrücken
,
T Altenhöner
2   FH Bielefeld, Bielefeld
,
A Gerhardus
3   Institut für Public Health und Pflegeforschung, Universität Bremen, Bremen
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Internationale Befunde zeigen, dass ehrenamtliche Dienste im Krankenhaus die Gesundheit und Zufriedenheit von Patient*innen fördern, Personal entlasten und wirtschaftliche Vorteile bringen können. Politik und Expert*innen werten den Einbezug Ehrenamtlicher als sinnvoll und erforderlich, um auch zukünftig eine bedürfnisorientierte Versorgung zu gewährleisten. Weitestgehend unklar ist, wie dieses Ehrenamt in der Versorgungspraxis wahrgenommen wird. So stellt sich die Frage, welche Ziele und Erwartungen Ehrenamtliche und Beschäftigte im Hinblick auf den Einbezug Ehrenamtlicher in die Klinikversorgung äußern.

Methoden:

In 4 Krankenhäusern wurden Gruppendiskussionen mit Leitungskräften (N = 22), Hauptberuflichen (N = 24) sowie dort aktiven Ehrenamtlichen (N = 20) geführt. Die Auswertung erfolgte gemäß qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring.

Ergebnisse:

Alle Gruppen sehen Ehrenamtliche als wichtige Ergänzung professioneller akutstationärer Versorgung. Sie tragen zur Patientenorientierung bei und entlasten Hauptberufliche. Es wird ein zunehmender Bedarf ehrenamtlicher Unterstützung aufgrund schwächer werdender familiärer Unterstützungssysteme wahrgenommen. Ehrenamtliche bilden eine Schnittstelle zwischen Versorgungssystem und Bevölkerung. Zur Integration in die Versorgung bedarf es jedoch personeller Ressourcen und förderlicher Rahmenbedingungen. Da nach Meinung der Leitungskräfte der Nutzen nicht klar belegt ist, scheint für sie ungewiss, inwieweit sich Investitionen in das Ehrenamt rechnen.

Diskussion:

Die Positionen der Akteure offenbaren eine Diskrepanz zwischen subjektiver Relevanz und konkreter Umsetzung des Ehrenamts im Krankenhaus. Dies scheint übertragbar auf das gesamte Gesundheitssystem, indem einerseits Forderungen bestehen, wonach sich Ehrenamt als Säule im Versorgungsmix etablieren sollte, andererseits jedoch Fördermöglichkeiten fehlen, die es Einrichtungen erleichtern, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Angesichts steigender Ökonomisierung, Professionalisierung und Komplexität sollten mögliche Effekte des Ehrenamts in der Krankenhausversorgung näher erforscht werden, damit Politik und Krankenhäuser evidenzbasierte Entscheidungen treffen können.