Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 739
DOI: 10.1055/s-0039-1694587
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Soziodemografische und gesundheitliche Unterschiede in der Teilnahme am deutschen Mammografie-Screening-Programm

J Czwikla
1   Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Oldenburg
2   Universität Bremen, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Bremen
,
I Langner
3   Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Abteilung Klinische Epidemiologie, Bremen
,
F Schüssler
4   Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth, Institut für Angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik, Oldenburg
,
I Urbschat
5   Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle Oldenburg, Oldenburg
,
J Kieschke
5   Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle Oldenburg, Oldenburg
,
F Hoffmann
1   Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Oldenburg
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. August 2019 (online)

 

Einleitung:

Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs zielt darauf ab, die Brustkrebsmortalität zu reduzieren. Unterschiede in der Teilnahme am Mammografie-Screening können gesundheitliche Ungleichheiten in der Bevölkerung vergrößern. Untersucht wurde, ob und wenn ja welche soziodemografischen und gesundheitlichen Unterschiede mit dem Teilnahmeverhalten am deutschen Mammografie-Screening-Programm (MSP) assoziiert sind.

Methoden:

Basierend auf Routinedaten der BARMER von 96.273 in Niedersachsen wohnhaften Frauen im zur MSP-Teilnahme berechtigenden Alter und Strukturdaten des BBSR wurde eine Mehrebenenanalyse durchgeführt. Als abhängige Variable wurde die MSP-Teilnahme in 2011 bis 2014 definiert. Als erklärende Variablen wurden auf individueller Ebene Alter und 31 Erkrankungen sowie auf Kreisebene Arbeitslosenquote, mittleres Haushaltseinkommen, Anteile Beschäftigter ohne Berufsabschluss bzw. mit akademischer Qualifikation, Ausländeranteil sowie siedlungsstruktureller Kreistyp berücksichtigt.

Ergebnisse:

Insgesamt nahmen 65.633 Frauen (68,2%) mindestens einmal am MSP teil. Frauen mit Herzinsuffizienz, Lähmungen, anderen neurologischen Erkrankungen, Diabetes, Nierenversagen, metastasierendem Krebs, Mangelernährung, Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt Störungen, Drogenmissbrauch und Psychosen nahmen seltener am MSP teil während Frauen mit Herzrhythmusstörungen, Herzklappenerkrankungen, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Bluthochdruck, chronischen Lungenerkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion, Lebererkrankungen, Krebs ohne Metastasen, rheumatoider Arthritis/kollagenen Gefäßerkrankungen, und Adipositas häufiger teilnahmen. Auf Kreisebene waren eine höhere Arbeitslosigkeit negativ und ein höherer Anteil akademisch qualifizierter Beschäftigter positiv mit der MSP-Teilnahme assoziiert.

Diskussion:

Gesundheitliche Beeinträchtigungen können sowohl eine Barriere als auch eine Motivation für eine MSP-Teilnahme darstellen. Barrieren deuten sich insbesondere bei schweren, das tägliche Leben stark beeinträchtigenden Erkrankungen an. Weniger schwere Erkrankungen könnten hingegen zu einer erhöhten Sorge um die eigene Gesundheit und einer erhöhten Motivation für eine MSP-Teilnahme führen. Inwiefern Arbeitslosigkeit und Bildung mit der MSP-Teilnahme assoziiert sind, sollte auf individueller Ebene weiter untersucht werden.