Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 744-745
DOI: 10.1055/s-0039-1694605
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geschlechterunterschiede bei depressiven Symptomen – Die Bedeutung sozialer Einflüsse in der zweiten Lebenshälfte

A Schmitz
1   ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik, Köln
,
M Brandt
2   TU Dortmund, Dortmund
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter, und eine weitaus häufigere Betroffenheit von Frauen ist vielfach belegt. Zugleich fällt das Ausmaß des Gender Gaps wie auch die Prävalenz von Depressionen bei Frauen und Männern im Vergleich der europäischen Länder sehr unterschiedlich aus.

Methoden:

Basierend auf Daten des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) werden Zusammenhänge zwischen verschiedenen sozialen Einflussfaktoren und Depressionen (gemessen anhand der EURO-D Skala, einem Screening-Instrument für Depressionen in der älteren Bevölkerung) aus einer geschlechter- und ländervergleichenden Perspektive analysiert. Hierbei finden neben sozio-ökonomischen Einflüssen auch Charakteristika des sozialen Netzwerks und gesundheitsbezogene Merkmale Berücksichtigung.

Ergebnisse:

Sowohl die Prävalenz von Depressionen bei Frauen und Männern als auch der Gender Gap fallen in den skandinavischen Ländern eher gering aus. In den südeuropäischen Ländern, aber auch in Teilen Ost- und Mitteleuropas sind Depressionen dagegen weitaus häufiger und auch der Gender Gap ist deutlich stärker ausgeprägt. Geschlechterunterschiede werden substantiell verringert, wenn gesundheitsbezogene, psycho-soziale sowie sozio-ökonomische Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern berücksichtigt werden, bleiben jedoch auch in multivariaten Analysen weiterhin bestehen. Darüber hinaus zeigen sich innerhalb der Geschlechtergruppen deutliche Ungleichheiten in der Prävalenz depressiver Symptome. In sämtlichen Ländern leisten gesundheitliche Einschränkungen den größten Erklärungsbeitrag, wogegen sozio-ökonomischen Ungleichheiten und Charakteristika des sozialen Netzwerks eine geringere Bedeutung zukommt.

Diskussion:

Die große Ländervariation im Gender Gap, ebenso wie die Variabilität innerhalb der Geschlechtergruppen zeigen, dass neben der Geschlechterzugehörigkeit weitere Merkmale sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit zu berücksichtigen sind. Wir schlussfolgern außerdem, dass in vielen europäischen Ländern erhebliches Potential zur Verbesserung der psychischen Gesundheit im Alter besteht.