Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 745-746
DOI: 10.1055/s-0039-1694608
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Informelle Pflege im mittleren Alter: Was hält pflegende Partner gesund?

C Fekete
1   Schweizer Paraplegiker Forschung AG, Nottwil
2   Departement für Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik, Universität Luzern, Luzern
,
M Brinkhof
1   Schweizer Paraplegiker Forschung AG, Nottwil
2   Departement für Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik, Universität Luzern, Luzern
,
J Siegrist
3   Medizinische Fakultät, Life-Science Center, Universität Düsseldorf, Düsseldorf
,
H Tough
1   Schweizer Paraplegiker Forschung AG, Nottwil
2   Departement für Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik, Universität Luzern, Luzern
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Informelle Pflegeleistungen sind eine enorme Entlastung für Gesundheitssysteme, können jedoch zur folgenschweren Belastung für Pflegeerbringer werden. Während sich die Forschung vornehmlich auf informelle Pflege im höheren Alter konzentriert, besteht weiterer Forschungsbedarf zur informellen Pflege im mittleren Alter. Was prägt die Gesundheit von Menschen im erwerbsfähigen Alter, deren Partner eine physische Behinderung aufweist und Unterstützung benötigt? Dieser Frage widmet sich ein vom Schweizerischen Nationalfonds gefördertes Forschungsprojekt, bei dem Rückenmarksverletzte und deren Partner im Fokus standen.

Methoden:

Die Daten stammen aus der longitudinalen Beobachtungsstudie, bei der 30 – 65-jährige Rückenmarksverletzte mit ihren Partnern über ein Jahr zu drei Messzeitpunkten befragt wurden. Die n = 133 Paare wurden aus einer populationsbasierten Schweizer Kohorte von Rückenmarksverletzten rekrutiert (www.swisci.ch), das Sample zeigt gute Repräsentativität des Stichprobenrahmens. Die Daten wurden mittels multivariater Modelle ausgewertet.

Resultate:

Während Anzahl Pflegestunden oder unterstützter Tätigkeiten kaum gesundheitsrelevant waren, korrelierten die emotionale Pflegebelastung, die wahrgenommene Kontrolle über Pflegeaufgaben sowie die subjektive Sinnhaftigkeit der Pflegetätigkeit stark mit Gesundheit und Wohlbefinden der Pflegenden. Partner aus benachteiligten Schichten sowie diejenigen, die ihre Beziehungsqualität als gering einschätzten, zeigten ein erhöhtes Risiko für emotionale Pflegebelastungen.

Diskussion:

Die Studienresultate führen zu folgenden Ideen für mehr Gesundheit pflegender Partner: Die Ursachen emotionaler Belastung und geringen Kontrollempfindens sollen analysiert und verändert werden (z.B. Abhängigkeiten abbauen; Entlastungsangebote beanspruchen) und die Paarbeziehung soll gezielt gestärkt werden (z.B. Kommunikation verbessern; Paarzeit ausserhalb vom Alltag). Mehr Anerkennung der informellen Pflege auf gesellschaftlicher und familiärer Ebene soll pflegende Partner unterstützen, ihre Arbeit als wertvoll wahrzunehmen. Personen aus benachteiligten Schichten soll bei Interventionen besondere Aufmerksamkeit gelten.