Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 746
DOI: 10.1055/s-0039-1694610
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Soziale Allostase und Public Health Impact allostatischer Last: Implikationen aus der GBD-Studie

B Szagun
1   Hochschule Ravensburg-Weingarten, Weingarten
,
L Arnold
1   Hochschule Ravensburg-Weingarten, Weingarten
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Soziale Allostase beschreibt ein Adaptionssystem, das v.a. bei chronischen sozialen Belastungen hauptsächlich infolge dauerhafter HPA-Aktivierung zu einem Verschleiß an wesentlichen Organsystemen führt. Die entstehende Allostatische Last (AL) kumuliert über den Lebenslauf und kann über diverse Laborparameter quantifiziert werden. Die Public Health-Relevanz des Allostase-Konzepts soll anhand einer zeitlichen Gegenüberstellung der globalen Krankheitslast (Global Burden of Disease, GBD) analysiert werden.

Methode:

Auf Basis der aktuellen GBD-Studie erfolgt eine Trendanalyse der absoluten und relativen Entwicklung derjenigen Risikofaktoren, die gleichzeitig als AL-Indikatoren genutzt werden bzw. eng mit AL assoziiert sind (Blutdruck, Nüchternblutglukose, BMI, Cholesterin, Nierenfunktion). Verglichen werden dabei die Entwicklungen weltweit, der Hocheinkommensländer und Deutschland.

Ergebnisse:

Adjustiert an Bevölkerungszahl und -struktur zeigen sich eine allgemein sinkende DALY-Last fast aller Risikofaktoren bis 2017 sowie relativ gesehen ein unterschiedlich schnelles Absinken. Die DALY-Last durch AL-Maße ist seit 1990 relativ zu sonstigen Risikofaktoren in geringerem Ausmaß gesunken. Der Rang aller AL-Maße in der Risikofaktorenrangliste der GBD ist dadurch deutlich gestiegen.

Diskussion:

Nicht die absolute, aber die relative Bedeutung Allostatischer Last scheint weltweit stark anzusteigen und dominiert zunehmend die Krankheitslast, insbesondere in den Hocheinkommensländern. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass weitere stressassoziierte Risikofaktoren der GBD ähnliche Trends zeigen. Allostatische Last kann somit als prioritäre Herausforderung für Public Health betrachtet werden, da upstream der GBD-dominierenden Determinanten HPA-relevante chronische Stressbelastungen und upstream derselben wiederum soziale Determinanten zu verorten sind. Die GBD-Studie selbst berichtet leider isolierte Downstream-Determinanten, es fehlt die integrierende systemische Perspektive.