Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 751
DOI: 10.1055/s-0039-1694624
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Palliativmedizinische und hospizliche Versorgung bei Multipler Sklerose – Ergebnisse einer deutschlandweiten Beratungshotline und Fallbeispiele

J Strupp
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Köln
,
R Voltz
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Köln
,
G Grede
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Köln
,
R Hofer-Küster
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Köln
2   Palliativ- und Hospiznetzwerk Köln, Köln
,
H Golla
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Köln
› Author Affiliations
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Menschen, die schwer von Multiple Sklerose (MS) betroffen sind, haben eine hohe Symptomlast. Dennoch werden diese Patienten derzeit nicht regulär palliativmedizinischen und hospizlichen (PHV) Strukturen zugeführt, da dieser Ansatz oftmals als kontraintuitiv angesehen wird. Um schwer betroffenen MS-Patienten und ihren Angehörigen ein niederschwelliges Beratungsangebot zu PHV anzubieten, wurde eine bundesweite Telefonhotline für schwer betroffene MS-Patienten, ihre Angehörigen und Versorger eingerichtet.

Methoden:

Eingehende Gespräche wurden mittels Dokumentationsbogen erfasst und deskriptiv ausgewertet. Mittels Follow-Up Rückruf wurde evaluiert, ob eine Vermittlung in entsprechende Strukturen erfolgte.

Ergebnisse:

Zwischen 9/2014 – 12/2018 gingen 303 Anrufe ein. Die mittlere Erkrankungsdauer (mittleres Alter 51 Jahre, 54% weiblich) lag bei 18 Jahren, 88% hatten eine progrediente MS-Verlaufsform, 87% lebten in der eigenen Wohnung. Beweggründe für den Hotline-Kontakt waren Fragen zur allgemeinen MS-Versorgung (38%), zur PHV (33%) sowie zur Angehörigen-Unterstützung. Patienten berichteten typische palliative Symptome (z.B. Schmerz: 26%); Symptome der MS (z.B. Einschränkungen der Mobilität: 26%; Sprechstörungen: 8%; Störung der Harn- und Stuhlentleerung: 8%) und psychosoziale Probleme (z.B. ungeeignete Wohnbedingungen 10%; psychische Belastungen 12%; Nöte der Angehörigen 8%). An 28% der Anrufer wurden Kontaktdaten und Informationen zu Strukturen der PHV vermittelt.

Diskussion:

Die Hotline deckt eine Bedarfslücke und bestätigt die hohe komplexe Symptomlast dieser Patienten und die Sinnhaftigkeit der Integration von PHV in ihre Versorgung. Jedoch konnten nicht immer entsprechende Strukturen vermittelt werden, was unsere Hypothese unterstreicht, dass PHV für MS bislang noch als kontraintuitiv angesehen wird.

Neben der Indikation für eine Integration von PHV bei knapp 30% der Anrufe scheinen auch spezielle koordinative Dienste benötigt zu werden.