Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696107
Symposien
S07 Harm-Reduction in der Behandlung der Opioidabhängigkeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Drug Checking: das Modellprojekt in Berlin

Das Gute daran, es kann Leben retten!
T Harrach
Drugchecking Projekt Berlin
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Drugchecking ist die chemische Analyse von psychoaktiven Substanzen (meistens Betäubungsmittel), die regelmäßig keinen qualitätssichernden Maßnahmen unterworfen sind.

Ziele von Drugchecking sind: 1. Vermeidung von Intoxikationen durch Bestimmungen des Wirkstoff-Gehalts und das Identifizieren von gefährlichen Verunreinigungen, 2. die Ermöglichung von Konsumreflexion und dem Erlernen von Strategien zur Risikominimierung sowie 3. das möglichst frühzeitige Erreichen von Konsument*innen, die durch die Drogenhilfe nicht oder erst sehr spät erreicht werden.

Drugchecking wird seit vielen Jahren im europäischen und außereuropäischen Ausland praktiziert. Mittlerweile existiert fast in jedem Mitgliedsstaat der EU mindestens ein staatlich gefördertes Drugchecking Projekt. Deren Vernetzung im Rahmen des TEDI (Trans European Drug Information) Projekts wird durch die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) gefördert. Der präventive Nutzen der Methode wurde 2001 länderübergreifend durch Evaluierung bestätigt.

In Deutschland gab es bereits 1995 – 96 in Berlin durch den Verein Eve & Rave in Zusammenarbeit mit dem Institut für Gerichtsmedizin der Charité ein Drugchecking-Programm. Dieses wurde durch repressive Maßnahmen einschl. polizeilicher Durchsuchung des Gerichtsmedizinischen Instituts beendet. Obwohl in zwei daraufhin ergangenen Gerichtsentscheidungen die Legalität von Drugchecking feststellt wurde, wird Drugchecking in Deutschland seitdem politisch mit dem Verweis auf die unklare Rechtslage blockiert.

Die sich nach der Abgeordnetenhauswahl 2016 in Berlin gebildete rot-rot-grüne Koalition hat Drugchecking in ihre Koalitionsvertrag festgeschrieben und Mittel dafür in das Landehaushaltsgesetz 2018/19 eingestellt. Ein Konzept von drei Berliner Drogenhilfeträgern Trägern wurde der Zuschlag zur Umsetzung erteilt. Das Konzept wurde von dem renommierten Rechtswissenschaftler Cornelius Nestle, der in den 1990er Jahren bereits die Verteidigung von Eve & Rave erfolgreich durchgeführt hatte, in einem Rechtsgutachten positiv bewertet. Dieses Gutachten liegt dem Berliner Senat sowie Polizei und Staatsanwaltschaft vor und ist in seinen Grundzügen veröffentlicht. Mit der politischen Entscheidung zur Durchführung der Analytik und Beratungsarbeit wird im Frühsommer gerechnet.