Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696111
Symposien
S08  Überblick über experimentalpsychologische Studien bei verschiedenen Internetnutzungsstörungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stress und die Verarbeitung sexueller Reize

C Markert
Justus-Liebig-Universität Gießen
,
S Klein
Justus-Liebig-Universität Gießen
,
J Strahler
Justus-Liebig-Universität Gießen
,
R Stark
Justus-Liebig-Universität Gießen
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Hintergrund Sexuelle Reize, z. B. in Form von Pornografie, werden in der Regel positiv bewertet und ziehen Aufmerksamkeit auf sich. Der Pornographiekonsum ist über die letzten Jahrzehnte angestiegen, wobei Männer deutlich häufiger Pornographie konsumieren als Frauen. Einige Männer verlieren die Kontrolle und konsumieren exzessiv, obwohl dies für sie mit massiven negativen Konsequenzen verbunden ist. Deswegen wird Pornographiesucht als eine mögliche Verhaltenssucht diskutiert. Während einiges Wissen über die Rolle von Stress bei substanzbezogenen Süchten existiert, ist wenig darüber bekannt, ob und wie Stress die Verarbeitung von sexuellen Reizen beeinflusst.

Methode In einer fMRT Studie wurde ein Sexual Incentive Delay Paradigma verwendet, bei dem nach der Präsentation von Hinweisreizen kurze sexuelle Filme „gewonnen“ werden konnten, wenn schnell genug auf ein Signal reagiert wurde. An dem Experiment nahmen 140 Männer, die unterschiedlich viel Pornografie konsumierten, teil. Die eine Hälfte wurde im Vorfeld des Paradigmas durch den Trierer Social Stress Test (TSST) gestresst, während die andere Hälfte die nicht stresserzeugende Kontrollvariante (Placebo-TSST) absolvierte.

Ergebnisse Interessanterweise zeigte sich, dass Stress die neuronale Verarbeitung der Hinweisreize auf sexuelle Reize verminderte, nicht jedoch zu Veränderungen in den neuronalen Reaktionen während des Betrachtens der sexuellen Filme führte. Es zeigte sich darüber hinaus, dass die Reaktionen auf die Hinweisreize umso stärker waren, je höher der selbstberichtete habituelle Konsum von Pornografie war.

Diskussion Die Ergebnisse zeigen, dass die Reaktionen auf sexuelle Reize offensichtlich wenig von potentiellen Moderatoren wie z. B. Stress oder habituellem Pornografiekonsum beeinflusst werden wohl aber die Reaktionen auf Hinweisreize, die sexuelle Reize ankündigen. Somit weist die Studie auf die mögliche Bedeutung dieser distalen Reize für die Entwicklung pornographiesüchtigen Verhaltens hin.