Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696120
Symposien
S10 Symposium der Nachwuchsgruppe der DG-Sucht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Einfluss von durch Mental Imagery erzeugten flash-forwards und Augenbewegungen auf das Erleben von Craving bei exzessiven Internet-Gamern

A Brandtner
1   Allgemeine Psychologie: Kognition und Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen
,
J Pekal
1   Allgemeine Psychologie: Kognition und Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen
,
M Brand
2   Erwin L. Hahn Institute for Magnetic Resonance Imaging, Essen
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Mentale Bilder wurden bisher vor allem im Kontext von angst- und stressbezogenen Störungsbildern wie der posttraumatischen Belastungsstörung, Angststörungen oder Depression beschrieben. Sie werden aber auch als mentale Vorschauen genereller unerwünschter Ereignisse als flash-forwards untersucht. Flash-forwards beschreiben, als Widerklang der flashbacks bei Patienten mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, lebendige und emotionsgeladene mentale Bilder zukünftiger Ereignisse. In dieser Arbeit werden flash-forwards erstmals auf Grundlage der Elaborated Intrusion Theory of Desires in den Kontext von Verhaltensabhängigkeit, speziell von Internet Gaming, gestellt und mittels Augenbewegungen auf ihre Verarbeitungsweise geprüft.

Methode Zu diesem Zweck stellten sich N = 77 Onlinegamer vor, wie sie in Zukunft ihr Lieblingsspiel spielen. Eine Experimentalgruppe führte währenddessen horizontale Augenbewegungen durch, eine Kontrollgruppe verweilte mit den Augen. Lebhaftigkeit und Emotionsgeladenheit des flash-forwards sowie Craving wurden vor und nach der dual-task bzw. non-dual-task gemessen.

Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass mit steigendem Craving ein angenehmerer flash-forward assoziiert ist (r = .264, p = .020). Allerdings zeigt sich kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des flash-forwards und der Symptomschwere bezüglich des Onlinespielens in der Gesamtstichprobe. Betrachtet man jedoch nur problematische und pathologische Gamer, so werden flash-forwards mit steigender Symptomschwere weniger lebhaft (r=-.454, p = .017) und weniger angenehm (r=-.402, p = .037) empfunden. Horizontale Augenbewegungen führen zu signifikanten Minderungen der Lebhaftigkeit (t(39)=4.29, p = .001, d = 0.69) und der Cravingintensität (t(39)=2.74, p = .009, d = 0.43), während diese Effekte in der Kontrollgruppe nicht gefunden werden.

Diskussion Die Ergebnisse deuten zunächst auf unterschiedliche Eigenschaften von flash-forwards im Suchtkontext im Vergleich zu anderen Störungsbildern, aber auch zwischen Gamern mit funktionalem und problematischem Gamingverhalten hin. Zudem scheinen Augenbewegungen im Sinne einer zusätzlichen Belastung für das visuelle Arbeitsgedächtnis nützlich für die Reduktion der Intensität von flash-forwards und sogar Suchtverlangen zu sein. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Craving bei Onlinegamern teilweise bildlich verarbeitet wird.