Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696164
Symposien
S22  Analytische Sicht auf Abhängigkeitserkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kaufsucht, Substanzkonsumstörung, Essstörung, nicht-suizidale Selbstverletzung – eine transdiagnostische Falldarstellung

V Meyer
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
,
NM Laskowski
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
,
M de Zwaan
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
,
A Müller
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Die Häufigkeit komorbider psychischer Störungen bei Verhaltenssüchten ist hoch (Ho et al., 2014; Petry et al., 2005). Im Behandlungsverlauf können Symptomverschiebungen zwischen den unterschiedlichen Störungen auftreten (Tækker et al., 2018). Dies ist im klinischen Alltag auch bei der Gruppentherapie zur Behandlung von pathologischem Kaufen zu beobachten. Patient_innen berichten von einer affektregulatorischen Funktion des exzessiven Warenkonsums, welcher unter Umständen durch andere dysfunktionale Strategien ersetzt wird (Laskowski & Müller, 2018).

Methode Wir berichten über den Fall einer 27-jährigen Patientin mit bekannter Borderline-Persönlichkeitsstörung, die im Rahmen der Gruppentherapie für pathologisches Kaufen eine auffällige Symptomverschiebung zwischen Kaufexzessen, riskantem Alkoholkonsum, Tabakabhängigkeit, restriktivem Essverhalten und nicht-suizidalen Selbstverletzungen zeigte.

Ergebnisse Im Verlauf der Behandlung nutzte die Patientin das exzessive Kaufverhalten, das restriktive Essverhalten sowie riskanten Alkohol- und Nikotinkonsum intermittierend zur Emotionsregulation und Reduktion des Selbstverletzungsdrucks. Anhand von Verhaltensanalysen wurde mit der Patientin ein individuelles Bedingungsmodell erarbeitet, das den engen Zusammenhang zwischen Kaufepisoden, Alkoholkonsum, Nikotinabhängigkeit, Essstörungssymptomen und selbstverletzendem Verhalten verdeutlichte. Im Rahmen eines transdiagnostischen Behandlungskonzepts wurden die verschiedenen Symptombilder thematisiert und behandelt.

Diskussion Eine transdiagnostische Symptomverschiebung ist ein häufiges Problem in der Therapie von Patienten mit dysfunktionaler Affektregulation (Tækker et al., 2018; Yoder et al., 2018). Daher sollte insbesondere bei Verbesserung der bearbeiteten Verhaltenssuchtsymptomatik auf Veränderungen in komorbiden psychischen Störungsbildern geachtet werden.