Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696170
Symposien
S23 Psychosomatik und Sucht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Häufigkeit von Verhaltenssüchten in der Psychosomatik

A Müller
1   Medizinische Hochschule Hannover
,
A Zeeck
2   Universitätsklinikum Freiburg
,
B te Wildt
3   Psychosomatische Klinik Kloster Dießen, LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
,
E Morawa
4   Universitätsklinikum Erlangen
,
J von Wietersheim
2   Universitätsklinikum Freiburg
,
G Resmark
5   Universitätsklinikum Tübingen
,
A Kersting
6   Universitätsklinikum Leipzig
,
K Wölfling
7   Ambulanz für Spielsucht, Universitätsmedizin Mainz
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Ziel der Studie war es, die Häufigkeit von substanzungebundenen Abhängigkeitserkrankungen (Verhaltenssüchten) bei Patienten/innen, die sich wegen anderer Erkrankungen in psychosomatischer Behandlung befinden, zu erfassen.

Methode Anhand einer multizentrischen Querschnittsuntersuchung wurde mittels standardisierter Fragebögen die geschätzte Punktprävalenz folgender Verhaltenssüchte in einem konsekutiven psychosomatischen Patientenkollektiv erhoben: pathologisches Glücksspielen, Internetsucht, pathologisches Kaufen, suchtartiges Sporttreiben und Sexsucht. An der Studie nahmen 8 universitäre psychosomatische Kliniken teil. Es wurden Patienten eingeschlossen, die sich in ambulanter, tagesklinischer oder stationärer Behandlung befanden. Ausschlusskriterium war die Behandlung in einer Spezialambulanz für Verhaltenssüchte.

Ergebnisse An der Studie nahmen 801 Patienten/innen (63% weiblich; 65% ambulant, 18% stationär, 17% tagesklinisch) teil. Anhand der Fragebögen ergaben sich folgende Prävalenzschätzungen: pathologisches Glücksspielen 3,4%, Internetsucht 1,9%, pathologisches Kaufen 16,7%, suchtartiges Sporttreiben 3,5% und Sexsucht 5,4%. Es konnte kein Settingeffekt (ambulant/tagesklinisch/stationär) nachgewiesen werden. Der Verdacht auf mindestens eine Verhaltenssucht ergab sich bei 192 Patienten/innen (24%). Laut Krankenakten war bei nur 1,7% der Patienten/innen eine Verhaltenssucht diagnostiziert worden. Patienten/innen mit V. a. auf mindestens eine Verhaltenssucht waren jünger, häufiger alleinlebend und wiesen mehr F-Diagnosen auf als Patienten/innen ohne Verhaltenssucht.

Diskussion Verhaltenssüchte kommen in allen psychosomatischen Behandlungssettings vor, werden jedoch selten diagnostiziert und möglicherweise in der Behandlung nicht berücksichtigt. Vor allem pathologisches Kaufen und pathologisches Glückspiel scheinen in dieser Patientengruppe wesentlich häufiger zu sein als in der Bevölkerung.