Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696179
Symposien
S25 Internetbezogene Störungen im Kindes- und Jugendalter
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zusammenhang zwischen (pathologischer) Internetnutzung und Schlafstörungen bei Jugendlichen im Längsschnitt

J Klar
1   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Universität Bern, Bern, Schweiz
,
P Parzer
2   Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg, Sektion für „Translationale Psychobiologie in der Kinder und Jugendpsychiatrie“, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
J Koenig
1   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Universität Bern, Bern, Schweiz
,
G Fischer-Waldschmidt
2   Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg, Sektion für „Translationale Psychobiologie in der Kinder und Jugendpsychiatrie“, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
R Brunner
2   Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg, Sektion für „Translationale Psychobiologie in der Kinder und Jugendpsychiatrie“, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
F Resch
2   Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg, Sektion für „Translationale Psychobiologie in der Kinder und Jugendpsychiatrie“, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
M Kaess
1   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Universität Bern, Bern, Schweiz
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Dass Schlafstörungen und eine pathologische Internetnutzung oft zusammen einhergehen, konnte bereits durch verschiedenen Studien belegt werden. Bisher sind spezifischere Aussagen über die Richtung dieses Zusammenhangs jedoch noch nicht möglich. Für die Entwicklung von Therapie- und Präventionsmaßnahmen von internetbezogenen Störungen ist es wichtig zu klären, ob Schlafstörungen eher Risikofaktor einer PIU sind oder ihre Konsequenz. Um den direktionalen Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und einer pathologischen Internetnutzung genauer zu untersuchen war es das Ziel dieser Untersuchung, mittels einer Längsschnittuntersuchung an einer repräsentativen Stichprobe von Jugendlichen die vorherrschende Forschungslücke zu schliessen.

Methode Bei einer Stichprobe von 1060 Schülern aus Heidelberg und Umgebung (SEYLE Studie) wurde mittels Fragebogen Schlafprobleme, die Internetnutzung in Stunden sowie Symptome einer pathologischen Internetnutzung (Young Diagnostic Questionnaire) erhoben. Die Befragungen wurden in einer Eingangsuntersuchung und im 1-Jahres Follow-up durchgeführt. Mittels Strukturgleichungsmodellen wurde der Zusammengang von Schlafproblemen und (pathologische) Internetnutzung im Verlauf von einem Jahr berechnet.

Ergebnis Exzessive oder pathologische Internetnutzung zur Eingangsuntersuchung waren prädiktiv für die Entwicklung von Schlafproblemen innerhalb eines Jahres (p = 0.05; p < 0.001), die von 20.5% der befragten Schüler berichtet wurden. Der Anteil an Schülern, die bei der Folgeuntersuchung die Kriterien einer pathologischen Internetnutzung aufwiesen, lag bei 3.7%. Jugendliche die zur Baseline die Kriterien einer Internetabhängigkeit erfüllten, hatten ein 3.6-mal größeres Risiko, im Verlauf von einem Jahr Schlafprobleme zu entwickeln. Schlafprobleme zur Baseline erhöhten die YDQ Symptome im Durchschnitt hingegen nur um klinisch unwesentliche 0.22 von 8 Punkten.

Diskussion Schlafstörungen stellen somit eher eine Folge von exzessivem oder pathologischem Internetgebrauch dar. Schlafstörungen können Mediatoren für die Entwicklung weiterer komorbider psychiatrischer Störungen sein. Daher ist es wichtig, eine pathologische Internetnutzung frühzeitig zu erkennen und Schlafstörungen bei der therapeutischen Behandlung unbedingt zu thematisieren. Das gilt insbesondere auch, weil Schlafstörungen zusätzlich suchtverstärkende Faktoren darstellen können, die der Remission der Internetsucht im Wege stehen.