Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696204
Symposien
S32 Internetbezogene Störungen: Diagnostik und Korrelate
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konkordanz der Diagnose Gaming Disorder nach DMS-5 und ICD-11

F Rehbein
Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Im Jahr 2013 wurde die Internet Gaming Disorder (IGD) unter den klinischen Störungsbildern mit weiterem Forschungsbedarf in das DSM-5 aufgenommen. Neun Kriterien werden vorgeschlagen, von denen für eine Diagnosestellung fünf in den letzten 12 Monaten aufgetreten sein müssen (polythetische Diagnosestrategie). In der elften Revision der ICD wird die Gaming Disorder (GD) als offizielles Störungsbild anerkannt. Die Diagnose wird drei Kriterien sowie ein ergänzendes Beeinträchtigungskriterium umfassen. Hierbei müssen alle vier Kriterien für eine Diagnosestellung vollständig erfüllt sein (monothetische Diagnosestrategie). Vergleichende empirische Daten zu beiden Diagnoseansätzen liegen bislang allerdings kaum vor.

Methode In den Jahren 2013, 2015 und 2017 wurden niedersachsenweit repräsentative Befragungen von Neuntklässlern im Klassenverbund durchgeführt. Die Befragung wurden von geschulten Testleitern angeleitet. Der Gesamtdatensatz umfasst insgesamt rund N = 29 000 Befragungsteilnehmer im Durchschnittsalter von rund 15 Jahren. IGD und GD wurden mittels der Computerspielabhängigkeitsskala CSAS erfasst. Die folgenden Fragen werden adressiert: 1. Wie fallen die 12-Monats-Prävalenzschätzungen von IGD bzw. GD unter Neuntklässlern aus, wenn jeweils die DSM-5- oder die ICD-11-Klassifikation zugrunde gelegt wird. 2. Wie viele Neuntklässler werden nur nach DSM-5, nur nach ICD-11 und übereinstimmend nach DSM-5 und ICD-11 als computerspielsüchtig klassifiziert.

Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen beiden Klassifikationsansätzen. Die DSM-5 Klassifikation ist liberaler und führt zu einer höheren Prävalenzschätzung. Die Klassifikation nach ICD-11 erbringt gegenüber der DSM-5 Klassifikation kaum exklusive Fälle, sondern bildet offenbar primär eine Teilmenge der nach DSM-5 positiv klassifizierten Fälle ab.

Diskussion Auf Basis ergänzender Analysen zum Beeinträchtigungsgrad der Fallgruppen soll diskutiert werden, welche Vor- und Nachteilen beiden Diagnosestrategien zukommen könnte.