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DOI: 10.1055/s-0039-1696232
Sozialer Ausschluss und Schmerzwahrnehmung bei substituierten opiatabhängigen Patienten
Publication History
Publication Date:
03 September 2019 (online)
In früheren funktionellen MR-Studien zeigte sich ein ähnliches Hirnaktivierungsmuster während einer sozialen Zurückweisung wie bei akuten Schmerzen. Daher wurde die Hypothese aufgestellt, dass soziale Zurückweisung als „soziale Schmerzen“ interpretiert werden können. Heroinabhängige Patienten sind einer starken sozialen Ablehnung ausgesetzt. Durch eine Opioid-Substitutionsbehandlung sind zwar viele Opioidrezeptoren besetzt, die aber durch Adaptionsvorgänge mit Veränderungen in der Schmerzverarbeitung und in sozialen Reaktionen einhergehen. In einem funktionellen MR-Experiment wurden Opioid-substituierten Patienten leichte Schmerzreize gesetzt und/oder in einem einfachem Computerspiel (Cyberball) entweder sozial eingeschlossen oder sozial ausgegrenzt. Die Patientengruppe (N = 19, 63 mg Methadon/d) zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe (N = 21) eine leicht reduzierte subjektive Schmerzwahrnehmung und eine deutlich reduzierte Hirnaktivierung auf Schmerzreize, bedingt durch die Opioidwirkung. Die soziale Ausgrenzung verstärkte die subjektive Wahrnehmung der Schmerzreize. Dies zeigt, dass eine soziale Modulation von Schmerzen auch unter Opioidsubstitution möglich ist. Selbst während des experimentellen sozialen Einschlusses fühlten sich die Patienten ausgeschlossen. Grund hierfür könnte eine negative Erwartungshaltung an soziale Interaktionen sein, bedingt durch Stigmatisierungserfahrungen als Drogenabhängiger. Zudem zeigte die Patientengruppe ein deutlich reduziertes Volumen der grauen Substanz in der Insula. Diese Hirnregion verarbeitet soziale und emotionale Stimuli. Diese Defizite waren mit einer erhöhten Sensitivität für soziale Zurückweisung, Angstsymptomen und Symptomen einer sozialer Phobie assoziiert und könnten ebenfalls das Gefühl des Ausgeschlossen-Seins erklären.