Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696254
Symposien
S44 Alkohol und Sucht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie steht das Rauchverhalten bei Jugendlichen nach stationär behandelter Alkoholintoxikation in Zusammenhang mit hoher psychosozialer Belastung?

HE Schwendemann
1   PH Freiburg
,
H Kuttler
2   Cooptima – Prävention und Gesundheitskommunikation
,
E Bitzer
1   PH Freiburg
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Hintergrund Tabak- und Alkoholkonsum treten im Jugendalter häufig gemeinsam auf und gelten als Risikofaktoren für psychische und körperliche Beeinträchtigungen, wie beispielsweise depressive Symptome. Darüber hinaus wird ein Zusammenhang zwischen Rauchen und niedrigem Bildungsabschluss, schwerer sozialer Lage und hohen Belastungen beschrieben. Ziel des Beitrags ist es, den Zusammenhang zwischen mittelfristiger psychosozialer Belastung bei Jugendlichen nach Alkoholintoxikation und ihrem aktuellen Rauchverhalten zu ergründen.

Methode Im Rahmen der Studie Risiko- und Schutzfaktoren bei Jugendlichen nach Alkoholintoxikation (RiScA) wurden Jugendliche nach akuter Alkoholintoxikation im Krankenhaus (T0) und sechs Monate später (T1) zu ihren aktuellen und lebenszeitlichen psychosozialen Belastungen und u. a. ihrem Rauchverhalten befragt. Erhoben wurden Belastungen im Bereich (sexueller) Gewalterfahrungen, Suizidalität, Depressivität, Wohnsitzlosigkeit, schulischer Probleme, Delinquenz sowie dem illegalen Drogenkonsum. Literaturbasiert definierten wir das Vorliegen von mindestens zwei Belastungen als hohe psychosoziale Belastung. Den Zusammenhang zwischen dem Rauchverhalten (T0) und hoher psychosozialer Belastung (T1) haben wir unter Berücksichtigung der psychosozialen Belastung zu T0 mittels Kreuztabellen und logistischer Regression analysiert.

Ergebnisse Wir erreichten n = 228 Jugendliche zu beiden Messzeitpunkten. 54% der zu T1 hoch belasteten Jugendlichen gegenüber 16% derjenigen mit geringer Belastung, haben zu T0 geraucht (p < 0,001). Mindestens wöchentliches Rauchen verdoppelt die Wahrscheinlichkeit der Jugendlichen zu T1 stark psychosozial belastet zu sein, unter Kontrolle psychosozialer Belastung zu T0 (ORCMH=1,9 (p < 0,001)). Multivariat betrachtet erweisen sich das Alter (OR=0,6, 95%KI 0,4 – 0,9, p = 0,01), die psychosoziale Belastung (OR=5,4; 95% KI 2,1 – 13,8, p = 0,00) und das regelmäßige Rauchen (OR=3,2; 95%KI 1,4 – 7,4; p = 0,01) zu T0 als signifikante Prädiktoren für hohe psychosoziale Belastung (T1) (Nagelkerke R²=0,31; AUC=0,82).

Diskussion Bei einem hohen Anteil der psychosozial belasteten Jugendlichen nach Alkoholintoxikation ist Rauchen mit multiplen Belastungen zu T1 assoziiert. Unsere Ergebnisse bestätigen den aus der Literatur bekannten Zusammenhang von Rauchen und schwierigen Lebenslagen und zeigen uns, dass regelmäßig rauchende Jugendliche in dieser ohnehin vulnerablen Zielgruppe mit höherer Wahrscheinlichkeit als wenig/nicht rauchende Jugendliche umfassenden Unterstützungsbedarf benötigen.