Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696275
Symposien
S50 Berufstätige im Bereich der Suchtprävention und -behandlung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Entwicklung eines Schulungskonzeptes Sucht für Jobcenterfachkräfte auf Basis einer Online-Umfrage in vier Grundsicherungsstellen in NRW

J Herrlein
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
,
U Kuhn
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Epidemiologischen Studien zufolge haben ca. 10% der SGB II-Beziehenden ein Suchtproblem (Henke et al., 2019). Die Eingliederung von Suchterkrankten in existenzsichernde Arbeit steht in engem Zusammenhang mit der Anzahl der vorliegenden (oftmals weiteren) Vermittlungshemmnisse und ist nach wie vor als erschwert anzusehen. In der Arbeit mit Suchtkranken stellt insbesondere das Erkennen von Suchtproblemen eine der größten Herausforderungen dar (Henke et al., 2017). Daher hatte diese Studie zum Ziel, auf der Grundlage einer datengestützten Analyse des Fortbildungsbedarfes eine kompetenzorientierte Weiterbildung zum Thema Sucht für Jobcenter-Personal zu entwickeln.

Methode Insgesamt wurden 511 Fachkräfte (GG=834) aus vier Grundsicherungsstellen in NRW mittels eines eigens dafür entwickelten Onlinefragebogens zu ihren Schulungsbedarfen hinsichtlich der Betreuung Suchterkrankter befragt. Als wichtige Determinanten für die Akzeptanz und erfolgreiche Umsetzung wurde das Kerncurriculum durch Fokusgruppen mit Jobcenterfachkräften überprüft und angepasst. Die Ergebnisse wurden anschließend zur Entwicklung eines modularisierten Weiterbildungskonzepts genutzt.

Ergebnis Die größten Schulungsbedarfe bestehen im Erkennen und Ansprechen einer Suchterkrankung (55,1% bzw. 52,1%) sowie in Kenntnissen über Unterstützungsmöglichkeiten für betroffene KundInnen (51,4%). Des Weiteren besteht große Nachfrage nach Informationen zum Thema Förderung und Erhalt der Arbeitsfähigkeit bei Menschen mit Suchtmittelproblemen (47,4%) sowie über Möglichkeiten und Angebote von Integrationsmaßnahmen (47,1%). Das daraufhin entwickelte Weiterbildungskonzept enthält 10 Module und wurde als 2 tägiges-Präsenzschulungskonzept ausgearbeitet.

Diskussion Das entwickelte Schulungskonzept wurde in Fokusgruppen mit ausgewählten Jobcenterfachkräften als valide eingestuft. Die Umsetzung ist demnach weiter voranzutreiben. Dafür sind im nächsten Schritt Kriterien und konkrete Maßnahmen zur Erprobung, Qualitätssicherung und Evaluation zu entwickeln. So kann dazu beigetragen werden, Suchterkrankte in den Grundsicherungsstellen besser zu identifizieren und geeigneten Maßnahmen zuzuführen. Darüber hinaus besteht besonders im Hinblick auf das Schnittstellenmanagement zu angrenzenden Hilfesystemen weiterer Handlungsbedarf, um die Integrationschancen von suchtkranken SGB II-Leistungsberechtigten weiter zu erhöhen (Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V., 2016).