Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696280
Symposien
S51 Sucht und Sexualität
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Deviante Nutzung von Online-Pornografie und Kindheitstraumata – Eine vergleichende Betrachtung mit Verhaltenssüchten

KW Müller
1   Ambulanz für Spielsucht, Universitätsmedizin Mainz
,
C Marx
2   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz
,
ME Beutel
2   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Die gelegentliche Nutzung von onlinepornografischem Material ist in der deutschen Allgemeinbevölkerung verbreitet. Die exzessive, unkontrollierte und zu negativen Folgen führende Nutzung von Onlinepornographie ist eine verbreitete Form von internetbezogenen Störungen. Die Nutzung devianter onlinepornographischer Darstellungen (z. B. Missbrauchsabbildungen mit Minderjährigen) stellt in Deutschland eine zunehmend verbreitete strafrechtlich relevante Handlung dar. Zur Identifikation von Faktoren, die das Risiko für den Konsum von pädophilem Onlinematerial oder der suchtartigen Nutzung von Onlinepornographie insgesamt erhöhen, liegen erste Vorbefunde vor. Darunter wurden auch erlittene Kindheitstraumata diskutiert.

Methode Um Zusammenhänge zwischen Kindheitstraumata und einer klinisch relevanten Nutzung von Onlinepornografie zu untersuchen, wurden unter Inanspruchnehmern spezialisierter Behandlungsangebote n = 63 Patienten mit suchtartiger Onlinepornographienutzung und n = 57 Patienten mit regelmäßiger Nutzung von pädophilem Onlinematerial rekrutiert und mit n = 357 Patienten mit diagnostizierter Störung durch Computerspielen verglichen. Zur Erfassung von Kindheitsbelastungen wurde der Childhood Trauma Screener (CTS) eingesetzt.

Ergebnisse Patienten mit Nutzung pädophilen Onlinematerials weisen im Vergleich zu den anderen Patientengruppen zwar deutlich geringere tägliche Nutzungszeiten auf, erleben bezüglich des Konsums aber ähnliche negative psychosoziale Konsequenzen. Auch weitere Kriterien einer internetbezogenen Störung, wie Toleranzentwicklung und Kontrollverlust sind hier prävalent. Zudem ist in dieser Patientengruppe eine höhere Kindheitsbelastung in den Dimensionen „emotionaler“ und „sexueller Missbrauch“ feststellbar. Patienten mit Onlinepornografiesucht wiederum weisen höhere Kindheitsbelastungen auf als Patienten mit Computerspielsucht.

Diskussion Die Zusammenhänge zwischen dem Konsum onlinepornografischen Materials und erhöhten Traumatisierungswerten verdeutlichen, dass beide Patientengruppen einer spezialisierten therapeutischen Behandlung bedürfen. Die bestehende Traumatisierung kann als begünstigende Prädisposition für gestörte Onlinepornographienutzung angesehen werden.