Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696282
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Belastungserleben, psychosoziale Situation und Suchtmittelkonsum bei pflegenden Angehörigen

U Kuhn
1   KatHO NRW, DISuP
,
J Herrlein
2   KatHO NRW, Abteilung Paderborn, Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Pflegeaufgaben werden von der Mehrheit der Betroffenen als Belastung erlebt (Schmidt & Schneekloth, 2011). Daher weisen pflegende Angehörige im Vergleich zur Gesamtbevölkerung auch einen deutlich schlechteren subjektiven Gesundheitszustand auf (Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, 2018). Je nach Belastungskonstellation können gesundheitsgefährdende Problembewältigungsstrategien ausgelöst werden, weshalb pflegende Angehörige potentiell suchtgefährdet sind. Diese Pilotstudie hatte zum Ziel, die subjektive Gesamtbelastung von pflegenden Angehörigen im Zusammenhang mit möglichen Problemfeldern der Stresskompensation zu untersuchen.

Methode Im Zeitraum vom 24. Januar bis 05. April 2019 wurden 71 Personen, die pflegebedürftige Angehörige betreuen und/oder pflegen, mit Hilfe eines für die Studie entwickelten Online-Fragebogens befragt. Zur Erfassung der Belastungssituation der Pflegeperson wurde die Häusliche Pflege-Skala (HPS) eingesetzt. Ein Screening auf Alkoholabhängigkeit erfolgte mittels SMAST-G, auf Medikamentenmissbrauch mittels KFM. Zur Diagnostik psychischer Störungen wurde der PHQ-4 verwendet.

Ergebnis Die Schwerpunkte der körperlichen Belastungen liegen vor allem in den Bereichen Müdigkeit (96,9%), Niedergeschlagenheit (90,6%) und Schlaflosigkeit (84,8%) sowie Rückenschmerzen (84,6%). Wenig überraschend erscheint deshalb, dass laut HPS keiner der Teilnehmenden eine niedrige Belastung aufweist, jeweils ca. die Hälfte ist mittelstark bzw. stark belastet (53,1% bzw. 46,9%). Im Hinblick auf depressive Störungen oder generalisierte Ängstlichkeit erreichen ebenfalls 53,1% bedenkliche Werte. Einen Hinweis auf Medikamentenabhängigkeit erreichen 26,8%, auf eine Alkoholabhängigkeit 21,9%. Nur 6,3% haben bisher Erfahrungen mit Suchtberatung gemacht, da nach eigenen Angaben (bisher) kein Bedarf bestand (88,7%).

Diskussion Die Ergebnisse verdeutlichen, dass gesundheitliche Ressourcen der Pflegenden gestärkt werden müssen, um unvermeidbare Belastungen bewältigen zu können. Es sollten passgenaue Angebote entwickelt werden, die u. a. auch suchtbezogene Themen beinhalten. Hierfür ist es wichtig, die Angebote der Pflege- und Suchtberatung auszubauen und besser zu vernetzen. Zusätzlich wird von pflegenden Angehörigen ein umfassenderes Verständnis ihrer Situation und der Unterstützungsbedarfe sowie der Ausbau entlastender Angebote gefordert.