Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2019; 47(05): 331
DOI: 10.1055/s-0039-1697704
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bio? Öko? Ego! – Die Richtlinien der wesensgemäßen Bienenhaltung im Vergleich und aus der Sicht des Bienenvolkes

G Liebig
1   Bochum
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Publication Date:
18 October 2019 (online)

 

Öko- und Bioprodukte genießen ein hohes Ansehen, weil ihre Erzeuger mit ökologischem Landbau und artgerechter Tierhaltung aktiven Natur- und Umweltschutz betreiben. Deshalb wird der höhere Preis von den Verbrauchern, die auf Bio-Produkte Wert legen, bereitwillig bezahlt. Im Unterschied zu den im Stall gehaltenen Nutztieren ist es bei der Honigbiene sehr schwer, zwischen artgerechter und nicht artgerechter Haltung zu unterscheiden. Außerdem hängt die Qualität der Bienenprodukte sehr viel weniger von der Haltung des Bienenvolks als von seiner Umwelt ab. Das gilt besonders für Honig und Pollen, die trotz der intensiven Bearbeitung durch die Bienen den pflanzlichen Charakter ihrer Rohstoffe, Nektar und Honigtau bzw. Blütenstaub behalten. Dennoch legen die Verbände Bioland, Naturland und Demeter in ihren Richtlinien sehr viel Wert auf eine „artgerechte“ Bienenhaltung und grenzen diese mit zahlreichen Vorschriften, Verboten und Geboten von der konventionellen Imkerei ab.

In verschiedenen Studien wurde untersucht, wie Bienenvölker in der freien Natur und unter der Obhut des Imkers leben, und wie sich die von der natürlichen Lebensweise abweichenden Haltungsbedingungen auf das Bienenvolk auswirken. Anhand dieses Vergleichs wurden die Richtlinien der genannten Bio-Verbände für eine artgerechte und wesensgemäße Bienenhaltung bewertet und der Vorgehensweise des konventionellen Imkers gegenübergestellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterschiede insgesamt geringfügig sind. In einigen Punkten wie bei der wichtigen Krankheitsprophylaxe verfehlen die Bio-Richtlinien sogar eindeutig das Ziel, weil wesentliche Regeln der natürlichen Volksentwicklung nicht berücksichtigt werden. In punkto Honigqualität haben die Bio-Verbände weitgehend die Qualitätsanforderungen des Deutschen Imkerbundes übernommen.

Auch in Honiggläsern, auf denen nicht „Bio“ steht, ist meistens „Bio“ drin.