Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2019; 47(05): 332-333
DOI: 10.1055/s-0039-1697710
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Diagnose des Wintertotenfalls

P Aumeier
1   Bochum
,
G Liebig
1   Bochum
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Publication Date:
18 October 2019 (online)

 

Spezifische Anpassungen ermöglichen es Honigbienen, lang andauernde, für Insekten prinzipiell lebensfeindliche mitteleuropäische Winter zu überstehen. So begegnen sie dem Nahrungsmangel durch Anlegen energiereicher Reserven sowie durch saisonale Fluktuation der Reproduktion und damit der Populationsstärke ihrer hoch eusozialen Kolonien. Brutausfall wird kompensiert durch langlebige Winterbienen und Königin. Der Kälte trotzen die Insekten in ihrer Höhlenbehausung in der thermoregulierten Wintertraube unter Nutzung der Kotblase. Das gemeinschaftliche System von Wärmeerzeugung und verhaltensgesteuerter Minimierung des Wärmeverlusts ist extrem sparsam und bienenschonend. Bei Brutfreiheit verbrauchen 10000 Einzelbienen pro Monat nur etwa 1 kg Honig, jede Biene also täglich nur 3 mg. Die Zehrung nimmt erst mit Brutbeginn im Januar/Februar wieder stark zu, auf bis zu 1 kg pro Woche. Meist fällt erst dann nennenswert Bienentotenfall an. Selbst in gesunden Völkern sind dies bis zu 60 Bienen/Tag. Auch Völker, die nach bester imkerlicher Praxis geführt wurden [1], also ausreichend stark, mit geeignetem Futter, junger Königin, auf hellem Wabenwerk und geeignetem Varroa-Management (weniger als 10% Winterbienenbefall) im Oktober eingewintert wurden, schrumpfen bis Ende März im Mittel um bis zu 20%. In kalten Wintern liegt die relative Auswinterungsstärke sogar nur um die 50%. Als irrelevant für den Bienenabgang erwiesen sich die Herkunft, Aufstellung, Flugrichtung, Beutenisolation und Futterart (Ausnahme Melezitose). Treten deutlich höhere bis hin zu Totalverlusten auf, kann eine genaue Analyse des winterlichen Bienen- und auch Milbentotenfalls zu Ursachenanalyse beitragen: Überwiegend treten Fehler bei der herbstlichen oder winterlichen Varroabehandlung (Schadschwellen, Behandlungserfolg) zu Tage. Bei Beurteilung von Menge und Zustand des Totenfalls ist allerdings zu beachten, dass moribunde Bienen ab etwa 8 °C Außentemperatur überwiegend fliegend abgehen.

Literatur:

[1] Boecking O, Aumeier P, Liebig G, DeCraigher D. Durchweg geringe Winterverluste, Deutsches Bienenjournal 2017; 10: 62–63.