Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E22
DOI: 10.1055/s-0039-3401119
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

FetoNeonatPfad: Integrierte Versorgung von Schwangeren und Kindern mit dem Risiko einer fetalen Wachstumsrestriktion

L Mense
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie & Pädiatrische Intensivmedizin, Dresden, Deutschland
,
C Birdir
2   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
,
J Reichert
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie & Pädiatrische Intensivmedizin, Dresden, Deutschland
,
E Schleußner
3   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin, Jena, Deutschland
,
H Proquitté
4   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Jena, Deutschland
,
J Schmitt
5   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland
,
M Rüdiger
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie & Pädiatrische Intensivmedizin, Dresden, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
27 November 2019 (online)

 

Fragestellung:

In 5% aller Schwangerschaften ist die intrauterine Versorgung des Feten eingeschränkt und die fetale Wachstumsrestriktion (FWR) eine mögliche Folge. Präeklampsie und arterielle Hypertonie sind mit FWR assoziiert und stellen ein hohes prä- und postpartales Risiko für die Mutter dar. Das Neugeborene ist durch das hohe Risiko der Frühgeburtlichkeit mit entsprechenden Morbiditäten betroffen. Unabhängig vom Geburtszeitpunkt haben FWR-Kinder ein erhöhtes Risiko späterer respiratorischer und neurokognitiver Probleme und entwickeln häufiger ein metabolisches Syndrom. Sonographisch und laborchemisch können Hochrisiko-Schwangere identifiziert werden. In den Perinatalregionen Ost-Sachsen und Ost-Thüringen wird ab Oktober 2019, gefördert durch den Innovationsfonds und gemeinsam mit der AOK Plus Sachsen/Thüringen und der Barmer, ein integriertes Versorgungsmodell betroffener Familien von der 10. Schwangerschaftswoche bis zum Ende des 1. Lebensjahres evaluiert.

Methoden:

Risiko-Schwangere werden anhand anamnestischer Angaben identifiziert und in den Pfad eingeschlossen. Ein Pränatalmediziner führt das kombinierte Präeklampsie-Screening (Fetal Medicine Foundation London) durch. Ab der 20. Schwangerschaftswoche finden risikoadaptiert vierwöchige Vorstellungen im Perinatalzentrum statt, die von interdisziplinären Fallkonferenzen, psychosozialen Interventionen und Gesprächen mit Neonatologen begleitet werden. Die Entbindung wird in einer dem Risiko angepassten Entbindungsklinik geplant und das Kind postnatal, unter Berücksichtigung der FWR, mit dem Ziel der Vermeidung von Folgeschäden betreut. Nach Entlassung werden die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen U3-U6 vertieft durchgeführt.

Primäres Outcome ist die geplante Entbindung in der adäquaten Entbindungsklinik und die Vermeidung von Totgeburten. Daten der Perinatal-/Neonatalerhebung ermöglichen eine detaillierte Fallzahlplanung.

Ergebnisse:

Über den Förderzeitraum von 4 Jahren ist mit 30.500 Schwangeren in der Modellregion zu rechnen, von denen bei ca. 10.900 Schwangeren anamnestische Risiken vorliegen. Bei knapp 900 Schwangeren ist mit einem auffälligen Präeklampsie-Screening zu rechnen, 828 Patientinnen durchlaufen den weiteren Pfad und ca. 500 Kinder werden im Pfad betreut, davon ca. 250 Kinder in einem Perinatalzentrum. 2017 wurden 4986 Kinder < 10. Geburtsgewichtsperzentile in Sachsen und Thüringen geboren, hiervon waren 37,3% von einer postnatalen Verlegung oder Totgeburt betroffen (primäres Outcome). Bei einem α-Level von 0,05 und einer Power von 80% kann mit der geplanten Fallzahl eine Reduktion des primären Outcomes auf 30,0% nachgewiesen werden.

Schlussfolgerungen:

Die integrierte Versorgung soll das Risiko von Frühgeburtlichkeit und die Folgen der FWR verringern, sodass eine Kostenersparnis trotz der Ausgaben für das frühe Präeklampsie-Screening und die intensivierte perinatologische Betreuung möglich ist. Bei positiver Evaluation ist eine bundesweite Implementierung vorgesehen.