Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E28-E29
DOI: 10.1055/s-0039-3401133
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aktuelle Prävalenz und antenatale und neonatale Risikofaktoren für Schulterdystokie mit Fokus auf Diabetes erhoben an 13.000 Entbindungen

J Vetterlein
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
,
C Döhmen
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
,
H Voß
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
,
L Dittkrist
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
,
W Henrich
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
C Klapp
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
K Scherer
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
D Schlembach
3   Vivantes Klinikum Neukölln, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
B Ramsauer
3   Vivantes Klinikum Neukölln, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
M Abou-Dakn
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
,
U Schäfer-Graf
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof, Klinik für Gynäkologie & Geburtshilfe, Diabetes Zentrum für Schwangere, Berlin, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
27 November 2019 (online)

 

Einleitung:

Schulterdystokie (SD) gehört zu den gefürchtetsten subpartalen Komplikationen und muss bei der Beratung zur Entbindungsplanung berücksichtigt werden. Ziel ist eine aktuelle Risikoeinschätzung für Schulterdystokie mit besonderem Fokus auf Schwangerschaften mit maternalem Diabetes.

Methode:

Die retrospektive Datenanalyse umfasste 13428 Entbindungen aus den Jahren 2014 – 2016 in drei Perinatalzentren. Einschlusskriterien waren Einlingsschwangerschaften und vaginale Geburten in Schädellage bei vollendeten 37 Schwangerschaftswochen. 9,3% (1244) der Frauen hatten einen Gestationsdiabetes oder präexistenten Diabetes, 10,4% (1390) waren adipös (BMI ≥30 kg/m2) und 39,8% (5350) nahmen mehr Gewicht zu als von der IOM empfohlen. Die Prävalenz von SD betrug 0,9% (121) in der Gesamtpopulation und 2,0% (25) bei Diabetikerinnen.

Ergebnisse:

SD trat signifikant häufiger auf bei Diabetes (2,0% vs. 0,8%, p =< 0,001) und BMI ≥30 kg/m2 (1,9% vs. 0,8%, p =< 0,001) und übermäßiger Gewichtszunahme (1,2% vs. 0,7%, p = 0,001). Frauen mit Diabetes überschritten die IOM Empfehlungen seltener als Frauen ohne Diabetes (35,3% vs. 40,3%, p = 0,001). Ein logistisches Regressionsmodell antenataler unabhängiger Risikofaktoren ergab: Diabetes mit OR 2,3, CI 1,5 – 3,7 (p =< 0,001), Adipositas OR 1,8, CI 1,2 – 2,9 (p = 0,011) und übermäßige Gewichtszunahme OR 1,8, CI 1,2 – 2,6 (p =< 0,002).

Tab. 1:

SD-Prävalenz bei Addition von antenalen Risikofaktoren

Population (n)

SD Prävalenz in Anwesenheit von maternalem Diabetes

Kein Diabetes

Signifikanz

Diabetes

Signifikanz

Gesamtpopulation

0,8% (96/12184)

NA

2,0% (25/1244)

NA

BMI < vs. ≥30 kg/m2

0,7% (75/11149) vs.2,0% (21/1035)

< 0,001

2,2% (20/889) vs. 1,4% (5/355)

0,340

Innerhalb vs. oberhalb der IOM Empfehlungen

0,6% (42/7273) vs. 1,1% (54/4911)

0,001

1,6% (13/805) vs.2,7% (12/439)

0,179

BMI < 30 kg/m2 plus innerhalb vs. oberhalb der IOM Empfehlungen

0,5% (36/6843) vs.0,9% (39/4306)

0,017

2,1% (13/605) vs. 2,5% (7/284)

0,767

BMI ≥30 kg/m2 innerhalb vs. oberhalb der IOM Empfehlungen

1,4% (6/430) vs. 2,5% (15/605)

0,223

0% (0/200) vs. 3,2% (5/155)

0,011

Ab einem Geburtsgewicht von 4250 g stieg die SD-Rate sowohl bei DM als auch Non-DM an (Abb. 1). Wird das Geburtsgewicht ≥4250 g in die multivariate Analyse einbezogen, ist dieses der stärkste unabhängige Risikofaktor (OR 11,5, CI 7,75 – 17,21, p =< 0,001).

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Abb. 1

Diskussion:

Bei der Planung des Entbindungsmodus muss der maternale Diabetes weiterhin als stärkster antenataler Risikofaktor für SD betrachtet werden, neben Adipositas und übermäßiger Gewichtszunahme. Adipositas per se erhöht nicht zusätzlich das SD Risiko in Schwangerschaften mit maternalem Diabetes, nur in Kombination mit übermäßiger Gewichtszunahme. Als neonataler Risikofaktor muss ab einem Geburtsgewicht von 4250 g mit einem signifikanten Anstieg der SD-Rate gerechnet werden. Sie erreicht bei DM 12%.