Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E30-E31
DOI: 10.1055/s-0039-3401138
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geminischwangerschaften in Abhängigkeit von BMI und Gewichtszunahme: Risikofaktoren und Outcome – eine uni- und multivariate Analyse von 10 603 Zwillingsschwangerschaften mit neuer Klassifikation zur Gewichtszunahme

J Schubert
1   Philipps Universität, Mutter- Kind -Zentrum, Marburg, Deutschland
2   Clara Angela Foundation, Witten, Deutschland
,
K Noever
1   Philipps Universität, Mutter- Kind -Zentrum, Marburg, Deutschland
2   Clara Angela Foundation, Witten, Deutschland
,
N Timmesfeld
3   Ruhr Universität, Institut für Biometrie und Epidemiologie, Bochum, Deutschland
,
B Arabin
2   Clara Angela Foundation, Witten, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
27 November 2019 (online)

 

Einleitung:

Das Institute of Medicine in den USA (heute „National Academy of Medicine“)1 hat 2009 Richtlinien für die maternale Gewichtszunahme in Relation zum body mass index (BMI) zu Beginn der Schwangerschaft veröffentlicht. Empfehlungen für Zwillingsschwangerschaften waren dabei nur provisorisch und enthielten weder Angaben zur wöchentlichen Gewichtszunahme noch für untergewichtige Frauen, da evidenzbasierte Daten fehlten. Ziel dieser Studie ist daher, Einflussgrößen auf Unter-, Übergewicht und abnormale Gewichtszunahme sowie Auswirkungen von BMI und Gewichtszunahme bei Gemini-Schwangerschaften in einem großen Kollektiv zu untersuchen.

Methoden:

In der Zeit von 2000 – 2015 wurden 13 679 Zwillingsschwangerschaften (1,8% aller Geburten) in einer perinatologischen Landesdatenbank registriert, nach ausführlicher Plausibilitätskontrolle sowie Anwendung der Einschlusskriterien wie Erstuntersuchung vor der 14. Schwangerschaftswoche (SSW), Größe ≥120 cm, Geburt ≥24. SSW und vollständiger Datensatz verblieben 10 603 Fälle zur Auswertung. Um die Gewichtszunahme zu klassifizieren, wurden die Werte maternaler Gewichtszunahme mit dem Gestationsalter korrigiert und Quartilen definiert: eine zu geringe Gewichtszunahme: Q1: < 419,4 g/Woche, eine normale Gewichtszunahme: Q2 & Q3: 419,4 – 692,3 g/Woche und eine übermäßige Gewichtszunahme Q4: > 692,3 g/Woche. Diese wurden mit den Ausgangswerten des BMI nach WHO-Kriterien assoziiert. Durch ein multivariates logistisches Regressionsmodell wurde die Interaktion der Risikofaktoren auf den maternalen BMI und die Gewichtszunahme sowie des frühen BMI und der Quartilengruppe auf das maternale und neonatale Outcome ermittelt.

Ergebnisse:

Frauen mit einer geringen Gewichtszunahme (Q1) hatten ein signifikant erhöhtes Risiko perinataler Mortalität (OR:2.23; CI 1.38 – 3.6) und Frühgeburt < 34 SSW (OR:1.88; CI 1.58 – 2.25) (p < 0,01). Frauen mit Übergewicht (OR:1.53; CI 1.11 – 2.1), Adipositas (OR:2.85; CI 1.98 – 4.09) oder einer hohen Gewichtszunahme (Q4) (OR: 2.32; CI 1.79 – 3.02) hatten ein signifikant erhöhtes Risiko, eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung zu entwickeln (p < 0.001). Bei übergewichtigen (OR: 0.64; CI 0.47 – 0.89) und adipösen Frauen (OR:0.60; CI 0.41 – 0.87) war eine Gewichtszunahme von Q1 mit einem geringeren Frühgeburtsrisiko < 34 SSW assoziiert (p < 0,01). Allerdings hatte eine exzessive Gewichtszunahme im Gegensatz zu Einlingsgravidität in keiner BMI-Gruppe eine signifikante Auswirkung auf das Kind!

Diskussion:

An den hier gezeigten Quartilengrenzen wöchentlicher maternaler Gewichtszunahme können sich (im Gegensatz zu den IOM-Empfehlungen) jetzt Ärzte, Hebammen und Schwangere in Zukunft orientieren. Unsere Ergebnisse sind auch international innovativ und haben Auswirkungen auf die Beratung von Schwangeren mit Geminischwangerschaft, die im Hinblick auf das Kind eine zu geringe Gewichtszunahme vermeiden sollten.

Literatur:

[1] Rasmussen et al. National Academies Press. Washington, 2009