Osteologie 2020; 29(01): 55
DOI: 10.1055/s-0039-3402855
4. Forum Junge Wissenschaft der DGO
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Analyse der myoelektrischen Aktivität der Gangstörungen bei Progredienter diaphysäre Dystrophie/dem Camurati-Engelmann-Syndrom (CES)

C Anders
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Experimentelle Unfallchirurgie, FB Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik, Friedrich Schiller Universität Jena, Jena, Germany
,
K Abendroth
2   Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Jena, Germany
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Publication Date:
25 February 2020 (online)

 

Einleitung Das CES ist eine seltene autosomal dominante Erkrankung, die in den Anfangsjahren klinisch besonders geprägt wird durch Muskelschmerzen und lange bestehen bleibende Einschränkungen der Beweglichkeit mit Gangstörungen, die in der Literatur als Watschelgang beschrieben werden. Pathogenetisch stehen aber die ausgeprägten sklerosierenden Veränderungen in den Diaphysen der Extremitäten-Knochen im Vordergrund. Mit der eingesetzten Analysetechnik soll versucht werden, die muskulär bedingten Bewegungsstörungen weiter aufzuklären.

Methode Eingesetzt wurde die Ganganalyse auf einem Laufband mit variierenden Gehgeschwindigkeiten, bei der die myoelektrische Aktivität von insgesamt zwölf oberflächlichen Muskeln simultan von beiden Körperseiten erfasst wurde. Für diese Analysen stehen entsprechende Normwerte zur Verfügung.

Ergebnisse In der Statik zeigt sich eine deutliche muskuläre Dysbalance, die für die abdominale Muskulatur am ehesten im Sinne einer erhöhten Stabilitätsanforderung zu interpretieren ist. In der Ganganalyse besteht ein generell gegenüber Gesunden erhöhtes Anstrengungsempfinden mit einer sehr niedrigen Vorzugsgehgeschwindigkeit von 2,5 km/h bei gleichzeitig eingeschränkter maximaler Gehgeschwindigkeit (5 km/h). Dies wird durch die elektrophysiologischen Befunde gestützt, die von distal nach proximal zunehmende koordinatorische Auffälligkeiten mit zu früh nachweisbaren muskulären Aktivitäten aufweisen. Die elektrophysiologischen Befunde weisen vor allem für die Beinmuskulatur koordinative Probleme aus. Diese koordinativen Probleme sind weitgehend geschwindigkeitsunabhängig. Die Befunde der Rücken- und Rumpfmuskulatur sind am ehesten auf die stattgehabte mehretagige operative Versorgung der Wirbelsäule zurückzuführen und für die abdominale Muskulatur somit als kompensatorisch zu interpretieren. Die Rückenmuskulatur weist insbesondere zum ipsilateralen Fersenaufsatz hochgradige koordinative Probleme auf.

Diskussion Ohne genaue Kenntnis dieser Kausalität können die beobachteten koordinativen muskulären Störungen sehr gut die motorischen Einschränkungen (z. B. verminderte Gehgeschwindigkeit) erklären: Die zu früh einsetzende Muskelaktivität verhindert das Erreichen eines normalen Bewegungsausmaßes, versteift damit die Gelenke und hat somit auch Auswirkungen auf die Bewegungsgeschwindigkeit. In die Diskussion der aktuell erhobenen Befunde mit der standardisierten myoelektrischen Analysetechnik werden auch die Befunde aus den einfacheren Ganganalysen der letzten 15 Jahren einbezogen, um Entwicklungstendenzen zu erkennen.

Keywords Camurati-Engelmann-Syndrom, Gangstörungen, myoelektrische Ganganalyse

Korrespondenzadresse Christoph Anders, Friedrich Schiller Universität Jena, Klinik für Unfall- Hand und Wiederherstellungschirurgie , Experimentelle Unfallchirurgie, FB Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik, Bachstraße 18, 07740 Jena, Deutschland, Germany

E-Mail CHRISTOPH.Anders@med.uni-jena.de