Osteologie 2020; 29(01): 61-62
DOI: 10.1055/s-0039-3402870
1. Posterbegehung 1
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Progrediente diaphysäre Dystrophie/Camurati-Engelmann-Syndrom (CES) – eine osteologische Modellerkrankung?

K Abendroth
1   Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Jena, Germany
,
B Abendroth
1   Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Jena, Germany
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Publication Date:
25 February 2020 (online)

 

Einleitung Das CES ist eine seltene autosomal dominante Erkrankung durch eine Mutation im TGF-ß1-Gen. Diagnostisches Hauptmerkmal ist fortschreitende, symmetrische Sklerosierung der Diaphysen und des Schädels bei gleichzeitig bestehender trabekulärer Osteopenie. Der Krankheitsbeginn ist in der Kindheit; postpubertär als Sonderform (Ribbing-Syndrom) mit unsymmetrischer diaphysärer Sklerosierung. Klinisch zeigen sich am Anfang Muskelschmerzen, Einschränkungen der Gelenkbeweglichkeit bis zu Kontrakturen und Gangstörungen (Watschelgang) mit Zeichen der Magersucht, körperlicher und sexueller Retardierung. Deformierungen der Gliedmaßen und der Wirbelsäule entwickeln sich in den Folgejahren zusammen mit der Ausprägung der diaphysären Sklerosierungen als das diagnostisch prägende morphologische Korrelat. Mit der sehr spät, oft nur mit medikamentöser Unterstützung einsetzenden Pubertät klingt die muskuläre Schmerzsymptomatik langsam ab. Die muskulären Funktionsstörungen bleiben noch lange, oft auch dauerhaft bestehen.

Methode Bericht über einen 15-jährigen Verlauf des CES bei einer jetzt 35-jährigen Frau. Neben der Röntgenmorphologie und dem Knochenszintigramm werden bisher in der Literatur wenig oder nicht beachtete Laborparameter (AP, Ostase, P1NP, Ctx, Trab 5b, CRP, 25 OH D3) und die DXA-Whole-body-Analyse als Aktivitätskriterien des CES untersucht.

Ergebnisse Die Sklerosierungen der Diaphysen (Arme, Beine) und im Schädel werden röntgenologisch und szintigraphisch dargestellt. Im Labor über zehn Jahre konstanter exzessiver High-Bone-Turnover und erhöhte Werte für CRP. In der DXA-Whole-Body-Analyse bei konstanter Körpergröße kommt es zur Zunahme der Gesamtkörpermasse (+ 25 %), davon + 74% Fett, +43 % BMC und + 10% Muskeln, differenziert für das hauptsächlich befallene appendikuläre Skelett: Zunahme der Knochenfläche um + 25% und der Knochenmasse um + 59%. Die appendikuläre Muskelmasse nahm auch um + 10% zu, blieb aber bis vor fünf Jahren bei einem Sarkopenie-Index von < 6,00 kg/m2.

Diskussion CES als Modellerkrankung mit differenten High-Bone-Turnover-Effekten auf Spongiosa (Osteoporose) und kompaktem diaphysären Knochen (Osteosklerose). Besteht diese Situation lebenslang? In der Literatur gibt es dazu keine Angaben. Behandlung der Osteopenie mit Bisphosphonaten/Denosumab bedingt eine Absenkung des Knochenabbaus bei bleibender Knochenneubildung = Anstieg der Sklerosierung. Ursächlich und pathogenetisch unklar sind die Muskelschmerzen und Muskel-Funktionsstörungen. Besteht initial eine muskuläre bzw. neuromuskuläre Erkrankung oder determiniert das Periost die Muskel- und Knochensymptomatik? Warum stabilisiert sich die Schmerzsymptomatik unter dem Einfluss der Sexualhormone? Schlussfolgerungen: Quantifizierbare Progredienz der Sklerosierung beim CES ist durch biochemische Knochenumbauparameter und differenzierte Whole-Body-DXA-Analyse möglich. Abbauhemmende Osteoporose-Therapie steigert die Sklerosierung.

Keywords Camurati-Engelmann-Syndrom, Progredienzkriterien, Osteosklerose, Osteopenie

Korrespondenzadresse Klaus Abendroth, Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Drevesstraße 6, 07749 Jena, Deutschland, Germany

E-Mail Klaus.Abendroth@t-online.de