Rofo 2020; 192(S 01): S3-S4
DOI: 10.1055/s-0040-1703111
Vortrag (Wissenschaft)
Bildverarbeitung/IT/Software/Gerätetechnik/Qualitätsmanagement
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Automatische Identifizierung einer unbekannten und stark verwesten Leiche mittels künstlicher Intelligenz

A Heinrich
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Jena
,
F Güttler
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Jena
,
S Schenkl
2   Universitätsklinikum Jena, Institut für Rechtsmedizin, Jena
,
R Wagner
2   Universitätsklinikum Jena, Institut für Rechtsmedizin, Jena
,
G Mall
2   Universitätsklinikum Jena, Institut für Rechtsmedizin, Jena
,
U Teichgräber
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Jena
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 April 2020 (online)

 

Zielsetzung Im Juli 2018 wurde auf einem Feldweg in der Nähe zur A9 eine bereits stark verweste Frauenleiche gefunden - die Kriminalpolizei ging von Mord aus. In der Virtopsie konnten zahlreiche Zahnimplantate detektiert werden. In der Hoffnung Informationen über die Identität der Frau zu erhalten, wurde dieser Fall im Fernsehen, Zeitungen und Internet veröffentlicht. Das Ziel dieser Studie war die Identifizierung der Frau über ein postmortales Orthopantomogramm (OPG).

Material und Methoden In den letzten Jahren wurde eine Methode entwickelt, welche mittels merkmalsbasierter Bildanalyse, im Bereich der künstlichen Intelligenz, eine automatische odontologische Identifizierung von unbekannten Personen durch einen Abgleich mit einer Merkmal-Datenbank (60.860 OPG von 33.206 Personen) ermöglicht. Eine Evaluierung dieser Implementierung fand mit antemortalen OPG von 540 Personen statt. In der Praxis erfolgte eine Anwendung der Identifizierungsmethode für postmortale OPG von 4 Leichen.

Ergebnisse Die Identifizierung - höchster Treffer entspricht gesuchte Identität - gelang bei 464 von 540 Personen (85,93 %). Durch Überprüfung der Personen mit den höchsten Übereinstimmungen, kann der Identifizierungserfolg weiter erhöht werden. Die Personenidentifizierung der 4 Leichen war erfolgreich. Die schnelle Identifizierung der Frauenleiche erlaubte es den Täter zu überführen. Zudem konnte eine Leiche korrekt identifiziert werden, obwohl auf dem ersten Blick keine Übereinstimmung zwischen antemortales und postmortales OPG ersichtlich war.

Schlußfolgerungen Die automatische Personenidentifizierung von Leichen über postmortale OPG mittels künstlicher Intelligenz bietet ein enormes Potential, welches sich bereits in der Praxis bewährt hat. Die Ausweiterung der Methode für bspw. Anwendungen in der Diagnostik sind denkbar. Grundlegend sollte der Radiologe Vorreiter und zukünftiger Kompetenzführer in der Anwendung der künstlichen Intelligenz für radiologische Bildgebungen sein.