Z Gastroenterol 2020; 58(05): e91
DOI: 10.1055/s-0040-1712292
Hepatologie

Personalisierte Ernährungsmedizin am Beispiel einer Patientin mit Propionazidämie

F Grabherr
1   Univ. Klinik für Innere Medizin I Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
U Albrecht
2   Univ. Klinik für Pädiatrie I, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Si Scholl-Bürg
2   Univ. Klinik für Pädiatrie I, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
M Jörg-Streller
3   Diätologie – Ernährungsmedizin, Landeskrankenhaus- Univ-Kliniken Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
C Haselmann
4   Univ. Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
B Hofer
3   Diätologie – Ernährungsmedizin, Landeskrankenhaus- Univ-Kliniken Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
D Karall
2   Univ. Klinik für Pädiatrie I, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
M Effenberger
1   Univ. Klinik für Innere Medizin I Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
H Tilg
1   Univ. Klinik für Innere Medizin I Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
A Tschoner
1   Univ. Klinik für Innere Medizin I Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
› Author Affiliations
 

Einleitung Die Propionazidämie ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselstörung, bei der es durch eine Defizienz der Propionyl-CoA-Carboxylase zu einer Akkumulation von Propionyl-CoA und anderen toxischen Abbauprodukten verzweigtkettiger Aminosäuren kommt. Die anfallenden Metabolite führen zu Organschäden. Die Prävalenz dieser Erkrankung liegt bei etwa 1:50.000. In den letzten Jahren konnte die Mortalität signifikant verringert werden. Nach wie vor haben die betroffenen Kinder (und jungen Erwachsenen) eine hohe Morbidität. Die empfohlene Therapie ist eine angepasste Ernährungstherapie, bei der neben der Vermeidung von Katabolie auf eine protein-arme Ernährung geachtet wird (1,2). Ziel ist die ausreichende, altersentsprechende und regelmäßige Zufuhr von Kalorien, um den Abbau von körpereigenem Protein und damit dem Anfall verzweigtkettiger Aminosäuren zu vermeiden (1,2).

Kasuistik Wir präsentieren eine 34-jährige Patientin, welche im Rahmen einer kardialen Dekompensation aufgenommen wurde. Diese vermutlich durch eine chronische Katabolie verursacht. Vorbekannte Endorganschäden waren eine Einschränkung der Herzfunktion sowie mehrere epileptische Anfälle. Vor dem jetzigen Aufenthalt war die Patientin mehrere Jahre stabil, es kam lediglich zu einzelnen fokal epileptischen Anfällen, meist durch emotionalen Stress ausgelöst. Initial präsentiert sich die Patientin im reduzierten Allgemeinzustand, ist jedoch nicht sauerstoffpflichtig und hat in der Aufnahmeechokardiographie eine EF von 21 %. Es wird eine angepasste parenterale Ernährung begonnen (Tabelle 1). Unter dieser mit zusätzlicher kardial medikamentöser Maßnahmen (Levosimendan, i.v. Diurese) stabilisiert sich der Zustand der Patientin. Anfänglich wird die Hälfte des Kalorienbedarfes parenteral gedeckt (ca. 750 kCal), und der mit ca. 0,8 bis 0,9 g Protein pro kg Körpergewicht angenommene Proteinbedarf teilweise durch orale Proteinzusätze ohne verzweigtkettige Aminosäuren gedeckt. Da anamnestisch nur ca. 25 % des Kalorienbedarfes verlässlich oral gedeckt werden, wird zur Unterstützung im Verlauf des Aufenthaltes eine PEG-Sonde angelegt. Insgesamt kommt es nach 15 Tagen zu einer Besserung der kardialen Situation (EF 30 %, FS 19,5 %).

Zusammenfassung Die hier präsentierte Patientin mit einer Propionazidämie zeigt beispielhaft wie eine personalisierte Ernährungsmedizin therapeutisch eingesetzt werden kann.

Tab. 1

Zusammensetzung parenterale Ernährung.

Glucose 20 %

1000 ml

800 kcal

NaCl 1 Molar

120 ml

KCl 1 Molar

20 ml

L-Carnitin 1g/5ml

10 ml

Smoflipid 20 % (Sojaöl, Olea europaea, Omega-3-Triglycerid, Triglyceride)

250 ml (50 g Fett)

500 kcal

Pädamin 7,4 % (Acetylcystein, Glycin, Methionin, Tryptophan, Valin, Threonin, Phenylalanin, Isoleucin, Alanin, Histidin, Asparaginsäure, Taurin, Ornithin, Aspartat, N-Acetyltyrosin, Lysin Glutamat, Serin, Prolin, Leucin, Tyrosin, Arginin, Glutaminsäure)

250 ml (18,5 g EW)

74 kcal

1 A Vitalipid f. Erwachsene (Ergocalciferol, Phytomenadion, Retinol, Tocopherol)

10 ml

1 A Soluvit (Biotin, Cyanocobalamin, Folsäure, Pyridoxin, Thiamin, Pantothensäure, Ascorbinsäure, Natrium Riboflavinphosphat)

10 ml

Tracel (Kalium, Natriumfluorid, Zink, Dinatrium Selenit, Molybdänsäure, Manganchlorid, Kupferdichlorid, Eisen)

10 ml

Gesamt

1680 ml

1374 kcal

Quellen

1 Baumgartner et al, Proposed guidelines for the diagnosis and management of methylmalonic and propionic acidemia, Orphanet Journal of Rare Diseases 2014

2 Haijes HA et al, Pathophysiology of propionic and methylmalonic acidemias. Part 1&2, J. Inherit Metab Dis 2019



Publication History

Article published online:
26 May 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York