Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S15
DOI: 10.1055/s-0040-1717227
Vortrag
DKOU20-60 Grundlagenforschung>27. Arthrose

Juveniler artikulärer Knorpel aus unbegrenzt verfügbaren induzierten pluripotenten Stammzellen

S Diederichs
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Heidelberg, Forschungszentrum für Experimentelle Orthopädie, Heidelberg
,
F Klampfleuthner
1   Universitätsklinikum Heidelberg, Forschungszentrum für Experimentelle Orthopädie, Heidelberg
,
W Richter
1   Universitätsklinikum Heidelberg, Forschungszentrum für Experimentelle Orthopädie, Heidelberg
› Author Affiliations
 

Fragestellung Derzeit werden für die klinische Knorpelregeneration artikuläre Chondrozyten (AC) verwendet, obwohl für ihre Entnahme gesundes Knorpelgewebe verletzt wird. Induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) sind unlimitiert und nicht-invasiv verfügbar, aber ihre In-vitro-Differenzierung zu AC ist bislang nicht gelungen. Bisherige Studien resultierten in Chondrozyten, die analog zur Wachstumsfuge hypertroph degenerierten, was mit unerwünschter Mineralisierung assoziiert war. Ziel war, durch optimierte Differenzierungsführung einen nicht-hypertrophen AC-Phänotyp zu erreichen und Knorpelersatzgewebe zu produzieren, das nicht mineralisiert.

Methodik Zwei humane iPSC-Linien wurden mesenchymal vordifferenziert und dann in 3D-Pelletkultur chondrogen differenziert. Getestet wurden Substrate (Matrigel, Gelatine), Wachstumsfaktoren (TGFβ, BMP4, BMP6) und Methoden zur Anreicherung kondensationsfähiger Zellen. Beurteilungskriterien waren Kollagen-II- und Proteoglykanablagerung, Expression von Knorpel- (COL2A1, ACAN) und Hypertrophiemarkern (PTH1R, IHH, IBSP, IHH, BMP7), Kollagen-X-Ablagerung und ALP-Aktivität.

Mineralisierung wurde in anschließender 8-wöchiger Kultur mit Mineralisierungsmedium getestet. Neben AC dienten mesenchymale Stromazellen (MSC) als Kontrollen, welche unter diesen Bedingungen hypertrophen Knorpel bilden.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Vordifferenzierung von iPSC mit FGF/Serum auf Matrigel (bis Tag 7), dann Gelatine, gefolgt von Chondrogenese mit TGFβ (Abb) unter Anreicherung kondensierender Zellen und Selektion früher Kulturen mittels eines COL2A1-Schwellenwerts führte reproduzierbar zu Chondrozyten, die pro Zelle doppelt so viel Proteoglykan ablagerten wie AC. COL10A1, PTH1R, IBSP, ALPL und Kollagen X blieben so niedrig wie in AC und signifikant geringer als in MSC-Chondrozyten. Auch die ALP-Aktivität blieb im Gegensatz zum bekannten Anstieg bei der MSC-Chondrogenese bei der iPSC-Differenzierung auf AC-Niveau. Im Einklang damit mineralisierte iPSC-Knorpel kaum, MSC-Knorpel jedoch signifikant stärker. Geringe IHH-Expression bei steigendem BMP7-Spiegel legten nahe, dass die Phänotypstabilität von iPSC-Knorpel durch ausbleibende Hedgehog-Aktivierung bedingt ist.

Zoom Image

Somit ermöglichten Vordifferenzierung und Selektion erstmalig eine erfolgreiche iPSC-Chondrogenese ohne BMP-Anwendung, wodurch nicht-hypertrophe Chondrozyten mit hoher Proteoglykanablagerung entstanden, die juvenilen AC ähnelten. Dies eröffnet neue Zellquellen für Knorpelersatzgewebe zum Studium genetischer Krankheitsmodelle, pharmakologischer Medikamententests, humaner Knorpelentwicklungsmodelle und für klinische Knorpeltherapien, für die nun hoch-aktive artikuläre Chondrozyten nicht-invasiv aus unbegrenzter Zellquelle verfügbar sind.

Stichwörter Knorpel, Hypertrophie, induzierte pluripotente Stammzellen



Publication History

Article published online:
15 October 2020

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany