Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S40-S41
DOI: 10.1055/s-0040-1717283
Vortrag
DKOU20-191 Schwerpunktthemen>3. Best Ager Plus – neue Herausforderungen für O&U

Wie viel kann man wieder schaffen? Entwicklung der Lebensqualität nach Polytrauma beim älteren Menschen

V Freigang
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
M Riedl
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
K Müller
2   Zentrum für klinische Studien, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg
,
M Rupp
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
A Ernstberger
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
V Alt
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
F Baumann
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
› Author Affiliations
 

Fragestellung Aufgrund der demographischen Veränderungen mit Überalterung der Gesellschaft besitzt die Versorgungsforschung beim alten Menschen einen zunehmenden Stellenwert. Insbesondere schwerstverletzte Patienten sind hier im Fokus, da sie nach einem Polytrauma häufig langfristig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Ziel der Studie war es die Lebensqualität nach Polytrauma beim älteren Menschen zu messen und mögliche Einflussfaktoren zu ermitteln.

Methodik In einer prospektiven, multizentrischen, kontrollierten Studie wurden alle Patienten mit einem ISS ≥ 16 innerhalb eines Rekrutierungszeitraums von 2 Jahren eingeschlossen. Die Patienten im Alter ≥ 65 Jahre zum Zeitpunkt der Verletzung wurden mit der Kontrollgruppe (Alter >18 und < 65 Jahre) verglichen. Die Datenerhebung erfolgte auf Basis des Traumaregisters der DGU. Zusätzlich zu dem Basisdatensatz wurde die globale Lebensqualität im EQ-5D Fragebogen nach 6, 12 und 24 Monaten gemessen. Die Studie wurde in einem definierten geografischen Bereich (Trauma-Netzwerk Ostbayern) durchgeführt. Alle 25 am Traumanetzwerk beteiligten Kliniken nahmen auch an der Studie teil. Die Studie wurde aus Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF 01GY1153) finanziert und ist im Deutschen Register Klinischer Studien DRKS00010039 registriert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Von insgesamt 404 eingeschlossenen Patienten, konnten 77 geriatrische Patienten im Alter≥ 65 Jahren identifiziert werden. Der durchschnittliche ISS lag bei 23.5 (16-50; ±8.3). Das Alter bei Verletzung lag bei 74.4 Jahren (65-91; ±6.2). Der EQ-5D-Index Value der über 65 jährigen veränderte sich im Verlauf nur geringfügig von 0.66 nach 6 und 12 Monaten auf 0.66 nach 24 Monaten (p=0.748). Im direkten Vergleich der beiden Gruppen zeigte sich 6 Monate nach Polytrauma kein signifikanter Unterschied zwischen Patienten über bzw. unter 65 Jahre. Die Kontrollgruppe im Alter von 18-65 Jahren zeigte hingegen signifikante Verbesserungen der Lebensqualität im EQ-5D innerhalb von 24 Monaten (p=0.003). Der predicted Functional Capacity Index (pFCI) korrelierte in beiden Gruppen signifikant mit der Lebensqualität im EQ-5D Index score. Der Injury Severity Score (ISS) der Körperregionen für Extremitätenverletzugen korrelierte nur in der Gruppe unter 65 Jahren mit der Lebensqualität, nicht aber in der Gruppe über 65 Jahren.

Wenn Menschen im Alter über 65 Jahre ein Polytrauma erleiden, erholen sie sich im Vergleich zu jüngeren Patienten deutlich schlechter. Die Lebensqualität von geriatrischen Polytrauma-Patienten stagniert auf dem 6-Monats Level. Bei Patienten über 65 Jahren scheinen Extremitätenverletzungen einen geringeren Einfluss auf die Lebensqualität zu haben als bei jüngeren, vermeintlich körperlich aktiveren Patienten zu haben.

Stichwörter Best Ager; Geriatrisches Polytrauma; Versogungsforschung; Patient-reported outcome



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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