Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S49-S50
DOI: 10.1055/s-0040-1717302
Poster
DKOU20-236 Grundlagenforschung>30. Biomechanik und Bewegungsanalyse

Warum Halswirbel nicht brechen - eine biomechanische Annäherung durch Belastungsversuche an 104 menschlichen Wirbelkörpern von 13 Körperspendern

G Schröder
*   präsentierender Autor
1   Klinikum Südtstadt, Akademisches Lehrkrankenhaus Universität Rostock, Klinik für Innere Medizin I, Rostock
,
Sven Spiegel
2   Universität Rostock, Rostock
,
LM Vivell
2   Universität Rostock, Rostock
,
R Andresen
3   Westküstenklinikum Heide, Akad. Lehrkhs. der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg, Institut für Diag. u. Intervent. Radiologie/Neuroradiologie, Heide
,
M Schulze
4   Institut für Anatomie, Rostock
,
M Reichel
5   Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik, Universität Rostock, Rostock
,
H Martin
6   Institut für Biomedzinische Technik, Universität Rostock, Rostock
,
HC Schober
1   Klinikum Südtstadt, Akademisches Lehrkrankenhaus Universität Rostock, Klinik für Innere Medizin I, Rostock
› Author Affiliations
 

Fragestellung Da Halswirbelköperfrakturen auch bei massiver Osteoporose nicht beschrieben werden, war das Ziel der vorliegenden Untersuchung Material-und Struktureigenschaften der HWS zu erfassen, die diese Befunde erklären können. Untersucht wurde die Spongiosa aus 299 Wirbelkörpern der HWS, BWS und LWS von 13 Körperspendern hinsichtlich Knochenvolumenanteil (BV/TV), Trabekeldicke (Tb. Th.) Trabekelseparation (Tb.Sp.), Struktur-Model-Index (SMI) und Grad der Anisotropie (DA). Darüber hinaus ermittelten wir Kräfte und Spannungen die im Belastungsversuch zur Erzeugung einer Fraktur 1. Grades führte.

Methodik Mittels Jamshidi-Nadel® wurden aus den Wirbelkörpern C2 bis L5 Proben gewonnen und jeweils mit Feuchttuch in einem 1,5 ml Eppendorf-Reaktionsgefäß vorbereitet. Die Untersuchungen wurden mithilfe eines µ-CT (SKYSCAN 1172, RJL Micro & Analytic GmbH, Deutschland) durchgeführt. Dazu wurden eine Flat-Field-Korrektur sowie ein Vergleich mit Phantomen (Referenz) einer Dichte von 0,25 g/cm 3 und 0,75 g/cm3 vorgenommen.

Bestehende Frakturen oder signifikante Knochenerkrankungen an der gesamten Wirbelsäule wurden durch hochauflösende CT-Aufnahmen bewertet (GE Revolution EVO/64 Zeilen CT/Schichtdicke <  1 mm).

Die Belastungsversuche der Wirbelkörper C5, C6,T7,T8, T9, T12, L1, L3 wurden auf einer servohydraulischen Prüfmaschine (MTS 858, MTS Systems Cooperation, Eden Prairie, USA) durchgeführt.

Alle erhobenen Daten wurden mit dem statistischen Softwarepaket SPSS, Version 23.0 (SPSS Inc., Chicago, USA) analysiert. Für Vergleiche zwischen den Gruppen kam der Kruskal-Wallis-Test oder die einfaktorielle Varianzanalyse zum Einsatz. Die Auswahl erfolgte in Abhängigkeit vom Resultat des Shapiro-Wilk-Tests auf Normalverteilung. Bei statistisch signifikanten Ergebnissen führten wir paarweise Vergleiche bzw. den Post-hoc Test durch.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Hinsichtlich BV/TV (p=0.001), Tb.Th. (p=0.003), Tb.Sp. (p<  0.001), SMI (p=0.001), DA (p=0.041) und Kraft/Fläche (p=0.032) zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen der HWS und den anderen Abschnitten der Wirbelsäule. Ein paarweiser Vergleich ergab: BV/TV, HWS vs. BWS, p=0.012, HWS vs. LWS, p=0.001,; SMI, HWS vs. BWS, p=0.009, HWS vs. LWS, p=0.002. Der Post-hoc-Vergleich zeigte folgende Ergebnisse: Tb.Th., HWS vs. BWS, p=0.002, HWS vs. LWS, p=0.002,; Tb.Sp., HWS vs. BWS, p < 0.001, HWS vs. LWS, p<  0.001,; DA, HWS vs. BWS, p=0.026, HWS vs. LWS, p=0.025, Kraft/Fläche HWS

Tab. 1

µCT Parameter

Parameter

Gesamt MW±SD

HWS: MW±SD

BWS: MW±SD

LWS: MW±SD

BV/TV (%)

18.36±3.17

23.03±2.07

17.09±1.17

15.79±0.74

Tb.Th (µm)

183±9

192±9

180±6

177±7

Tb.Sp (µm)

850±91

732±55

874±59

933±37

SMI (n)

1.73±0.17

1.49±0.10

1.80±0.09

1.87±0.07

DA (n)

0.32±0.04

0.29±0.02

0.33±0.04

0.34±0.03

vs. BWS, p=0.022, HWS vs. LWS, p=0.019. Zwischen BWS und LWS gab es keine signifikanten Unterschiede.

Halswirbelkörper brechen aufgrund ihrer einzigartigen Mikroarchitektur deutlich später als Brust- und Lendenwirbelkörper. Die Gründe dafür finden sich in einer im Vergleich zu den anderen Wirbelsäulenabschnitten höheren BV/TV, Tb.Th. und geringeren Tb.Sp. Zudem weißt der SMI der HWS mehr Platten- als Stäbe auf, sodass sie mehr Kraft/Fläche aufnehmen können.

Stichwörter Mikro-CT, Knochendichte, Trabekeldicke, Trabekelseparation, Biomechanik



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Article published online:
15 October 2020

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