Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S148-S149
DOI: 10.1055/s-0040-1717508
Vortrag
DKOU20-702 Allgemeine Themen>19. Polytrauma

Die Aktivierung des Komplementsystems nach Polytrauma korreliert mit der Invasivität der Frakturversorgung

I Lackner
*   = präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, Ulm
,
B Weber
1   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, Ulm
,
F Gebhard
1   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, Ulm
,
S Halvachizadeh
2   Universitätsspital Zürich, Klinik für Traumatologie, Zürich
,
M Teuben
2   Universitätsspital Zürich, Klinik für Traumatologie, Zürich
,
N Cesarovic
3   Universität Zürich, Abteilung Forschung Chirurgie, Zürich
,
HC Pape
2   Universitätsspital Zürich, Klinik für Traumatologie, Zürich
,
M Kalbitz
1   Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, Ulm
› Author Affiliations
 

Fragestellung Das Komplementsystem ist Teil des angeborenen Immunsystems und wird durch schweres Trauma aktiviert. Die Aktivierung des Komplementsystems ist mit Lungen- und Multiorganversagen sowie mit einer erhöhten Mortalität bei schwerverletzen Patienten assoziiert. Das Ziel der Studie war es, die Komplementaktivierung nach experimentellem Polytrauma in Schweinen in vivo, sowie die Effekte der Komplementaktivierungsprodukte C3a und C5a auf humane Kardiomyozyten in vitro im Kontext der post-traumatischen kardialen Dysfunktion zu untersuchen. Zusätzlich sollte der Einfluss des Aufbohrens des Femurschaftes auf die Aktivierung des Komplementsystems untersucht werden.

Methodik Bei männlichen Schweinen wurde ein Polytrauma bestehend aus stumpfem Thoraxtrauma, Leberlazeration, Femurfraktur und hämorrhagischem Schock induziert. Die Fraktur wurde mittels eines Marknagels stabilisiert. Dabei wurde der Femurschaft entweder zuvor aufgebohrt oder der Marknagel wurde direkt eingebracht. Im Anschluss wurde die systemische Aktivierung des Komplementsystems über den klassischen und über den alternativen Aktivierungsweg untersucht. Die kardiale lokale Expression der Komplementrezeptoren (C3aR, C5aR1/2), sowie die Ablagerung von C3b/iC3b/C3c im linken Ventrikel wurden nach Polytrauma untersucht. Nach in vitro Inkubation humaner Kardiomyozyten mit humanem rekombinantem C3a oder C5a wurde die Zellviabilität, das intrazelluläres Calcium, die Caspase-Aktivität und die mitochondriale Atmung analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Nach Polytrauma zeigten die Schweine im Vergleich zu Kontrolltieren innerhalb von 6 h eine erhöhte systemische Aktivierung des Komplementsystems, welche sowohl über den klassischen- als auch über den alternativen Weg vermittelt wurde. Lokal war eine veränderte Expression der Komplementrezeptoren im linksventrikulären Gewebe nachweisbar. Sowohl die systemische als auch die lokale Aktivierung des Komplementsystems korrelierte mit der Invasivität der Frakturversorgung. Schweine, bei denen der Femurschaft zuvor aufgebohrt wurde zeigten eine verstärkte Aktivierung des Komplementsystems. C3a und C5a wirkten kardio-depressiv in vitro und beeinträchtigten das Calcium-Transport und die mitochondriale Atmung der humanen Kardiomyozyten. Außerdem war eine erhöhte Caspase-Aktivität in Anwesenheit von C3a und C5a in den Zellen zu beobachten.

Nach Polytrauma kommt es zu einer Aktivierung des Komplementsystems, die Herzmuskelzellen sowohl in vivo als auch in vitro beeinflusst und zu einer Komplement-induzierten kardialen Dysfunktion führt. Das Ausmaß der Komplementaktivierung korreliert mit der Invasivität der Frakturversorgung. Deshalb ist die Wahl der Frakturstabilisierung nach Trauma essentiell, da diese möglicherweise den weiteren klinischen Verlauf der Schwerverletzten beeinflusst.

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Article published online:
15 October 2020

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