Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S201-S202
DOI: 10.1055/s-0040-1717537
Vortrag
DKOU20-952 Allgemeine Themen->19. Polytrauma

Präklinische Intubation bei schwerstverletzten Kindern - Wird leitliniengerecht therapiert?

W Zimmermann
*   präsentierender Autor
1   Alfried Krupp Krankenhaus Essen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Essen
,
U Fochtmann
1   Alfried Krupp Krankenhaus Essen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Essen
,
R Lefering
2   IFOM, Universität Witten-Herdecke, Köln
,
M Klaverkamp
1   Alfried Krupp Krankenhaus Essen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Essen
,
S Lendemans
1   Alfried Krupp Krankenhaus Essen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Essen
,
B Hußmann
1   Alfried Krupp Krankenhaus Essen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Essen
› Author Affiliations
 

Fragestellung In der aktuellen S3-Leitlinie Polytrauma werden fünf Kriterien zur präklinischen Intubation formuliert: Apnoe (Atemfrequenz <6), schweres Schädel-Hirn-Trauma (GCS≤8), schweres Thoraxtrauma mit respiratorischer Insuffizienz, Hypoxie (SpO2<90%) und persistierende hämodynamische Instabilität (systolischer Druck <90mmHg). Diese bei erwachsenen Patienten regelhaft in der täglichen Praxis angewandten Leitkriterien sind in einem Kollektiv schwerstverletzter Kinder bisher nicht untersucht worden. Ziel dieser Analyse war es, mittels einer multivarianten Risikoanalyse anhand eines großen Kollektivs schwerstverletzter Kinder zu überprüfen, inwieweit die Kriterien in der Praxis umgesetzt werden.

Methodik Daten von 289.698 Patienten des TraumaRegisters DGU wurden ausgewertet. Eingeschlossen wurden Kinder, die folgende Kriterien erfüllt haben: MAIS 3+, primäre Aufnahme, Deutschland, Österreich, Schweiz, Jahr 2008-2017, Angabe zur Intubation. Da Kinder entsprechend ihres Lebensalters andere physiologische Normwerte aufweisen, wurden vier Altersgruppen gebildet (Jahre: 0-2; 3-6; 7-11; 12-15). Als Kontrollgruppe diente ein Erwachsenenkollektiv (Jahre: 20-50). Nach einer deskriptiven Analyse im ersten Schritt, wurden Faktoren die zu einer präklinischen Intubation bei schwerstverletzten Kindern führen mit einer Multivariaten-Regressions-Analyse untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung 4689 Kinder in den verschiedenen Altersgruppen entsprachen den Einschlusskriterien. In diesem Kollektiv wiesen insbesondere die kleinsten Kinder bis 2 Jahre signifikant die höchste Rate an schweren Kopfverletzungen auf (AIS Kopf≥3: bis 2 Jahre: 62%, bis 15 Jahre: 46%; p≤0.001). Stürze aus großer und niedriger Höhe waren bei den kleinen Kindern Hauptursache und nahmen mit steigendem Alter bis 15 Jahre ab (Sturz >3m: bis 2 Jahre: 26,9%, bis 15 Jahre: 15,1%; p≤0.001). Die Letalität war ebenfalls in dieser Gruppe am größten (15,7%; p≤0.001). Ebenso die Rate an Reanimationen.

Wenn mindestens ein Intubationskriterium formal bestand, wurde in der Gruppe bis 6 Jahre am wenigsten tatsächlich intubiert (61,4%; p≤0.001). In der Multivariaten Regressionsanalyse zeigte sich, dass auf einen GCS ≤8 eine Intubation am stärksten folgte (Odds Ratio: 26,9; p≤0.001). Gefolgt von einer Hypoxie mit einer SpO2 <90%. Am wenigsten scheint eine hämodynamische Instabilität eine Intubation nach sich zu ziehen (Odds Ratio: 1,6; p≤0.001).

Die hier präsentierten Daten zeigen erstmals anhand eines großen Patientenkollektivs, dass im Schnitt bei 70% der verletzten Kinder die vorhandenen Kriterien der S3-Leitlinie zur präklinischen Intubation umgesetzt werden. Es verbleibt in einer Analyse mit anonymisierten Registerdaten spekulativ warum nicht alle Kinder intubiert worden sind. Zumal nicht zwingend Kinder ohne Intubation immer auch negative klinische Folgen erleiden. Daher sind weitere prospektive Analysen erforderlich, um zu klären ob die Kriterien grundsätzlich übertragbar sind.

Stichwörter Polytrauma, Kinder, Intubation, Traumaregister, Outcome



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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