Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S235
DOI: 10.1055/s-0040-1717583
Poster
DKOU20-1085 Schwerpunktthemen->3. Best Ager Plus – neue Herausforderungen für O&U

Herausforderungen des Entlassmanagements in der Alterstraumatologie am Beispiel einer integrierten geriatrischen Komplexbehandlung

S Scheidt
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn
,
M Gathen
1   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn
,
A Lukas
2   Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg, Bonn
,
K Welle
1   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn
,
H Kohlhof
3   Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn
,
DC Wirtz
3   Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn
,
C Burger
1   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn
,
K Kabir
1   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn
› Author Affiliations
 

Fragestellung Ein Drittel aller notfallmäßigen Krankenhausaufnahmen betreffen geriatrische Patienten. In der nächsten Dekade ist mit einem Anstieg auf bis zu 50 % aller Aufnahmen zu rechnen. In der deutschen Gesamtbevölkerung machten über

65-jährigen 2013 einen Anteil von 21 % und 2060 voraussichtlich 33 % aus. Bei den über 80-jährigen wird der Anteil von 5,4 auf 13 % in 2060 ansteigen. 2010 wurden in Deutschland 720.000 geriatrische Frakturen gezählt, bis 2030 soll ein Anstieg von 30 % kommen. Diese Patientengruppe stellt Krankenhäuser nicht nur in der stationären Versorgung, sondern auch im Entlassmanagement (§39 Abs. 1a Sozialgesetzbuch V) vor organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Welche dies sind zeigt diese Analyse einer integrierten geriatrischen Komplexbehandlungseinheit eines überregionalen Traumazentrums.

Methodik Über ein retrospektives Design und einen Betrachtungszeitraum von Mai 2017 bis Dezember 2019 wurden alle Patienten mit Teilnahme am abteilungseigenen Programm der integrierten Geriatrischen Komplexbehandlung (GKB) eingeschlossen. Bei allen Patienten wurde bei Aufnahme respektive Entlassung ein Barthel-Index, ein Mini-Mental State Examination Test (MMSE) und eine Geriatrische Depressionsskale (GDS) erhoben.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Das Kollektiv (n = 312) umfasste 110 Männer (38%), 193 Frauen (61,7%) mit einem medianen Alter von 81 Jahren (± 6,91, M 80,95). 3,69 Tage (± 5,2) nach stationärer Aufnahme erfolgte der Einschluss in das GKB-Programm. 77 Patienten (24,6%) zeigten bei Einschluss ein Delir, 39 (12,5%) eine Demenz. Patienten mit Demenz erlitten häufiger ein postoperatives Delir (p<,01). Der Barthel Index lag bei Aufnahme bei im Mittel 35,04 (± 16,29), bei Entlassung bei 48,55 (± 23,92) Punkten. In den Aufnahmediagnosen führten Femurfrakturen und Protheseninfektionen vor periprothetischen Frakturen. 60,7 % beendeten die GKB regelhaft, 39,3 % brachen frühzeitig ab. Zu 8,3 % (n = 26) zeigten sich klinikinterne Gründe weiterer Berufsgruppen (Krankheit) für einen frühzeitigen Abbruch der GKB ursächlich. In 9,3 % der Fälle (n = 29) baten die

Patienten selbst um einen frühzeitigen Abbruch. Bei 16 (5,1%) wünschten die Familien eine heimatnähere Verlegung. 12 Patienten (3,8%) verstarben, 10 (3,2%) wurden auf eine Intensivstation verlegt. Patienten mit Delir wurden signifikant häufiger nicht in die Häuslichkeit entlassen, benötigten Kurzzeitpflege oder Seniorenheime (p = 0,038). Die mittlere Verweildauer betrug 17,79 Tage (± 4,6) und zeigte eine negative Abhängigkeit zum Patientenalter (p = 0,036). Trendhaft zeigten periprothetische Frakturen des Kniegelenks und Prothesenluxationen die längste Verweildauer (p = 0,588).Die Durchführungsrate der GKB entsprach den Registerdaten der DGU. Das Delir ist ein Hauptgrund für Verzögerungen und Verschiebungen im Behandlungsablauf und Entlassmanagement. Bei steigenden geriatrischen Patientenzahlen müssen Entlassmanagement/Sozialdienst personell adäquat ausgestattet werden, um Mehrfachinterventionen und Verfahrensänderungen abfedern zu können.

Stichwörter Alterstraumatologie, Geriatrie, Komplexbehandlung, Delir, Entlassmanagement



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Article published online:
15 October 2020

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