Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S246
DOI: 10.1055/s-0040-1717607
Poster
DKOU20-1147 Schwerpunktthemen->8. Spitzen- versus Breitensport: Gelten andere Regeln?

BiSP-Projekt Kopfbälle im Fußball: Kopfballspiel im Jugendalter- Ergebnisse der prospektiven Videoanalyse

J Weber
*   = präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
P Angele
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
M Koch
2   Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg
,
C Reinsberger
3   Department Sport und Gesundheit Universität Paderborn, , Paderborn
,
V Alt
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
,
W Krutsch
1   Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg
› Author Affiliations
 

Fragestellung: Das Kopfballspiel als grundlegender Bestandteil des Fußballs wird spätestens seit dem Verbot für Jugendspieler in den USA im Jahr 2015 auch im deutschsprachigen Raum kontrovers diskutiert. Uneinigkeit herrscht unter anderem darin, ab welcher Alterklasse Empfehlungen zum Kopfballtraining und zur Ausführung eines Kopfballs gegeben werden können.

Repräsentative Daten aus großen Kollektiven zu Häufigkeiten und Krrelationen im Jugendbereich fehlen bislang gänzlich.

Methodik: In mehreren prospektiven Kohortenstudien wurde das Kopfballspiel im Spiel- bzw. Wettkampfgeschehen der Altersklassen U9 bis U21 in mehreren Klassen (Bezirksklasse bis Bundesliga) als solches und auf seine Folgen hin (anhand sogenannter verletzungsträchtiger Situationen = Critical incidents = CI) analysiert. Dies erfolgte im Rahmen der BiSP-geförderten Studie Kopfbälle im Fußball mittels Analyse von Videodaten der Saison 2017/2018 analysiert. Anhand bereits in Vorstudien validierten Fragebögen wurde alle Kopfbälle und Kopfverletzungen in insgesamt 415 Spielen untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In insgesamt mehr als 34.000 Spielminuten wurden über 35.500 Kopfbälle analysiert. Die Inzidenz pro Spieler und Spiel wies dabei stets niedrigere Raten als im Erwachsenenfußball auf und reduzierte sich mit abnehmendem Spieleralter kontinuierlich als auch deutlich. Während im Jugendfußball der Altersklassen U18/19 und U21 noch ca. 4,9 -5,1 Kopfbälle pro Spiel und Feldspieler ausgeübt wurden (SD 1,0 - 1,2), sank die Kopfballbelastung in der U14/15 über 3,2 +/- 0,8 Kopfbälle pro Spieler und Spiel auf eine Inzidenz von 1,3 bis 1,6 Kopfbälle pro Spieler und Spiel in den Altersklassen U9-13.

Klassenübergreifend wurden nahezu die Hälfte aller Kopfbälle im Mittelfeld ausgeführt, die Ratio Verteidiger/Mittelfeldspieler verschob sich mit abnehmendem Spieleralter in Richtung Mittelfeldspieler. Mit abnehmendem Alter nahm der Flugweg des Balles deutlich ab, zudem kam es vermehrt zu Kopfbällen in alleinstehender Position. Passend zu abnehmenden Körperkontaktquoten mit jüngerem Alter (U9 bis U11 unter 50%), sank auch die Zahl der Kopfverletzungen. In den Altersklassen U9 bis U15 traten insgesamt nur 4 Kopfverletzungen in über 60 Spielen auf. Zu Spielunterbrechungen aufgrund von Kopfverletzungen kam altersübergreifend in mehr als 75 % der Fälle.

Mit einer durchschnittlichen Kopfballbelastung von 1 bis 5 Kopfbällen pro Spieler und Spiel ist die Kopfballbelastung Jugendfußball geringer als bislang angegeben bzw. befürchtet. Vor allem Spieler in den Altersklassen U13 und jünger kommen selten zum Kopfball. Insgesamt sind Kopfverletzungen seltener als im Erwachsenenfußball zu beobachten, erfreulicherweise kam es in mehr als 75 % der Situationen zur medizinisch begründeten Spielunterbrechung.

Stichwörter: Kopfball, Fußball, Schädelhirntrauma, Prävention, Videoanalyse



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Article published online:
15 October 2020

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