Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S263
DOI: 10.1055/s-0040-1717644
Vortrag
DKOU20-1251 Allgemeine Themen->26. Freie Themen

Das Bouillon-Syndrom: Ein seltener Fall von subarachnoidalen und intraventrikulären Fettansammlungen bei komplexer offener Becken-C-Verletzung mit Sakrumausbruch und Durazerreißung

P Mommsen
*   = präsentierender Autor
1   Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover
,
J-D Clausen
,
C Krettek
1   Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover
,
M Winkelmann
1   Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover
› Author Affiliations
 

Fragestellung: Intrathekale Fettembolien, das sog. Bouillon-Syndrom, sind ein seltenes Krankheitsbild und unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Genese wesentlich von den häufiger auftretenden intravasalen, cerebralen Fettembolien als z.B. Folge von Frakturen der langen Röhrenknochen.

Methodik: Wir präsentieren einen seltenen Fall von intrathekalen, traumatischen Fettembolien als Folge einer komplexen, offenen Becken-C-Verletzung mit Zerreißung der Dura als Folge der lumbopelvinen Dissoziation. Insgesamt gibt es bis dato nur wenig beschriebene Fälle des sogenannten Bouillon-Syndroms also Folge schwerer Becken- und Wirbelsäulentraumata.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Der 41 jährige Patient erlitt ein komplexes, perineal offenes Beckentrauma im Sinne einer Becken-C-Verletzung (transpubisch sowie transiliosakral rechts, transforaminal links und lumbopelviner Dissoziation bei Sakrumausbruchsverletzung Höhe SWK 2) mit multiplen Begleitverletzungen der Extremitäten (dorsale Hüftluxation links, OSG Luxationsfraktur links, Ober- und Unterschenkel-Kompartmentsyndrom beidseits) als er bei Reparieren eines Hydraulikarmes zwischen diesem und der Wand eingeklemmt wurde. Darüber hinaus bestanden multiple Begleitverletzungen der Viszeralorgane mit Mesenterialabriss, Ureterabriss und abdominellem Kompartmentsyndrom. Bereits bei Aufnahme fielen im angefertigten CCT ungewöhnliche, subarachnoidale sowie intraventrikulär lokalisierte Fettembolien auf. Es erfolgte zunächst bei instabilem Patienten die Versorgung nach dem Damage Control-Konzept mit Anlage von externen Fixateuren, Kompartmentspaltung und notfallmäßiger Laparotomie mit abdominellem Packing bei hoch Katecholamin-pflichtigem Patienten und laufender Massentransfusion. Darüber hinaus erfolgte die Anlage einer externen Ventrikeldrainage. In der Liqouranalyse bestätigte sich der Verdacht auf intrathekale Fettembolien. In der Analyse der bildgebenden Befunde und Literaturrecherche wurde als Ursache dieser Fettansammlungen eine Zerreißung der Dura auf Höhe der lumbopelvinen Dissoziation postuliert und nach Stabilisierung des Patienten auf der Intensivstation, die Indikation zur frühzeitigen Stabilisierung der Sakrumausbruchsverletzung mit Verschluss des Duralecks gestellt. Daher wurde bereits am dritten Tag nach Aufnahme die lumpolveine Stabilisierung LWK 4/5 auf das Os ileum mit Plattenosteosynthese des Os sacrum und Laminektomie sowie Verschluss des Duralecks mittels Patch-Plastik durchgeführt. Es folgten multiple Debridements mit im Verlauf plastischer Weichteildeckung, sodass der Patient im Verlauf ausversorgt in eine Rehabilitationseinrichtung verlegt werden konnte.

Stichwörter: Bouillon-Syndrom, intrathekale Fettembolien, Beckentrauma



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Article published online:
15 October 2020

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