Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S267-S268
DOI: 10.1055/s-0040-1717651
Vortrag
DKOU20-1265 Schwerpunktthemen->2. Komplikationsmanagement: Wann was revidieren?

Iatrogene Nervenverletzungen bei kindlichen Frakturen der oberen Extremität

U Schnick
*   = präsentierender Autor
1   Unfallkrankenhaus Berlin, Berlin
,
R Boettcher
1   Unfallkrankenhaus Berlin, Berlin
› Author Affiliations
 

Fragestellung: Iatrogene Nervenverletzungen stellen bei kindlichen Frakturen der oberen Extremität ein relativ häufiges und schwerwiegendes Problem dar. In der Literatur werden dislozierte suprakondyläre Humerusfrakturen in bis zu 11% der Fälle mit iatrogenen Nervenläsionen assoziiert. In 2,5-6% ist dabei der N. ulnaris betroffen. Obwohl viele Nervenläsionen folgenlos ausheilen, verbleiben Fälle mit dauerhaften, teils schweren Beeinträchtigungen. Daten aus 4 Jahren sollen die speziellen Probleme bei Kindern zeigen sowie einen Überblick über Diagnostik, Therapieverfahren und Ergebnisse geben.

Methodik: In einer retrospektiven Studie wurden durchgängig dokumentierte Fälle kindlicher Frakturen der oberen Extremität aufgearbeitet, die zwischen 1/2016 und 12/2019 aufgrund assoziierter iatrogener Nervenläsionen behandelt wurden. Für 20 Fälle wurden Frakturart und -behandlung, betroffener Nerv, Diagnostik und Behandlung der Nervenläsion sowie der zeitliche Verlauf und das Behandlungsergebnis ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 14 der 20 Kinder hatten dislozierte supracondyläre Frakturen, 3 eine Monteggia like lesion, 2 eine Unterarmschaftfraktur sowie 1 Kind eine Ellenbogenluxation. Zur Therapie der Frakturen wurden unterschiedliche offene und geschlossene Verfahren angewendet. In 13 Fällen war anschließend der N. ulnaris betroffen, in je 4 Fällen der N. radialis bzw. der N. medianus. Die entscheidende Diagnostik erfolgte bei 11 Kindern mittels Neurosonographie, neunmal mittels Elektrophysiologie, zweimal wurde es bei einer eindeutigen neurologisch-klinischen Untersuchung belassen. In der Mehrzahl der Fälle fiel die Nervenschädigung erst verzögert auf, in 7 Fällen sogar zwischen 1 bis 6 Monate postoperativ. Nach klinischer Feststellung einer iatrogenen Nervenläsion dauerte es bis zum Abschluss der neurologischen Diagnostik mehrheitlich weniger als 1 Monat; die entsprechende Therapie erfolgte dann bis auf 2 Ausnahmen innerhalb eines Monats. Mittels differenzierter Diagnostik konnten bei 11 Kindern schwere axonale Läsionen durch Einklemmungen in den Frakturspalt oder erhebliche narbige Verziehungen bzw. Einschnürungen detektiert werden, so dass die Entscheidung zur Operation fiel. In 6 Fällen war eine Neurolyse ausreichend; in 5 Fällen musste wegen der Schwere der Läsion eine Nerventransplantation erfolgen - einmal aufgrund der langen Latenz in Kombination mit einer motorischen Ersatzplastik. Bei 9 Kindern konnte die Therapie konservativ verbleiben. Bei allen 20 Kindern zeigte sich im Verlauf eine funktionelle Reinnervation.

In mehr als der Hälfte der Fälle war eine Operation notwendig, in einem Viertel sogar in Form einer Nervenrekonstruktion sowie einmal aufgrund der langen Latenz eine motorische Ersatzplastik. Dies unterstreicht, wie wichtig eine gründliche postoperative Untersuchung auf mögliche Nervenschäden ist, um frühzeitig eine differenzierte Diagnostik und die entsprechende Therapie durchführen zu können.

Stichwörter: iatrogene Nervenverletzung, kindliche Frakturen der oberen Extremität



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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