Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S188-S189
DOI: 10.1055/s-0040-1717793
Vortrag
DKOU20-873 Grundlagenforschung->30. Biomechanik und Bewegungsanalyse

Aktive Kompensation der Kniegelenksinstabilität während des Gangzyklus bei Patienten mit Verletzung des hinteren Kreuzbandes

A Lippert
*   präsentierender Autor
1   Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC), Charité Universitätsmedizin, Berlin
,
S Oehme
1   Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC), Charité Universitätsmedizin, Berlin
,
H Boeth
2   Julius Wolff Institut, Berlin
,
B Bartek
1   Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC), Charité Universitätsmedizin, Berlin
,
P Moewis
2   Julius Wolff Institut, Berlin
,
G Duda
2   Julius Wolff Institut, Berlin
,
T Jung
1   Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC), Charité Universitätsmedizin, Berlin
› Author Affiliations
 

Fragestellung Aktive Stabilisationsmechanismen kompensieren weitgehend die passive tibiofemorale Gelenkinstabilität bei Patienten mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes während des normalen Gangzyklus. Über den Effekt bei Patienten mit Verletzung des hinteren Kreuzbandes (HKB) ist bisher jedoch wenig bekannt. Das Ziel dieser Studie ist es, die prä- und postoperativen kompensatorischen Effekte der aktiven Stabilisierung im Kniegelenk während des normalen Gangzyklus bei Patienten mit Rekonstruktion des HKB zu erfassen.

Methodik 13 Patienten (10m,3w;ø37J;range:18-48J) mit isolierter oder kombinierter Rekonstruktion des HKB ohne Verletzungen oder Operationen der kontralateralen Extremität wurden in die Studie eingeschlossen. Nach Erfassung der passiven Kniegelenksinstabilität anhand von Stress-Röntgenaufnahmen wurde die aktive Kniegelenkskinematik im Ganglabor mithilfe eines 3D Motion capture system (Vicon Nexus) untersucht. Die Bewegungen wurden mit 59 retroreflektierenden Markern während des Gangs anhand von 12 Infrarot-Kameras (120Hz) erfasst. Die Ganganalyse wurde präoperativ, 6 Monate (1.Follow up(1.FU)) und 12 Monate postoperativ (2.Follow up(2. FU)) durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Die Stressradiographie zeigte präoperativ eine vermehrte hintere Schublade (HSL) des verletzten Kniegelenkes im Vergleich zur gesunden Gegenseite (HSL-Seitendifferenz: 11,04mm;±4,58). In der Ganganalyse zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der tibiofemoralen A-P-Translation des verletzten Kniegelenkes (17,77mm;±5,09) verglichen mit dem kontralateralen Kniegelenk (17,95mm;±4,89). Auch das Ausmaß der tibiofemoralen Rotation des verletzten Kniegelenkes (16,92mm;±5,40) unterschied sich nicht signifikant von der Gegenseite (16,00mm;±4,13). Postoperativ zeigte sich in der Stressradiographie eine signifikante Reduktion der hinteren Schublade (HSL-Seitendifferenz: 5,87mm±2,97). In der Ganganalyse zeigte sich im 1.FU im Vergleich zu den präoperativen Ergebnissen des verletzten Kniegelenkes eine signifikant reduzierte A-P-Translation (14,12mm;±2,45). Im Vergleich mit dem gesunden Kniegelenk zeigte sich eine signifikant reduzierte A-P-Translation (16,97mm;±4,84). Die Ergebnisse des 2. FU zeigten weiterhin eine reduzierte AP-Translation des operierten Kniegelenkes (13,10mm;±,3,47) verglichen mit der Gegenseite (17,89mm;±5,52). Bei klinischem und radiologischem Nachweis einer passiven Kniegelenksinstabilität zeigte sich präoperativ eine aktive Kompensation der passiven Kniegelenksinstabilität während des normalen Gangzyklus. Im 1. & 2.FU postoperativ stellte sich die A-P-Translation im operierten Knie signifikant reduziert dar. Mit dieser Studie ließen sich Kompensationsmechanismen zur aktiven Stabilisierung von HKB-Instabilitäten darstellen. Diese sind auch ein Jahr nach erfolgreicher Rekonstruktion des HKB nachzuweisen. Die in dieser Studie dargestellten Kompensationsmechanismen stellen den Pathomechanismus einer instabilitätsbedingten Knorpelschädigung in Frage.

Stichwörter HKB, hinteres Kreuzband, Biomechanik, Knie, Ganganalyse, PCL



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Article published online:
15 October 2020

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