Rofo 2016; 188(01): 103-104
DOI: 10.1055/s-0041-110651
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interview – Vieles in Bewegung!

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Publication Date:
22 December 2015 (online)

Die Arbeitsgemeinschaft Bildgebende Verfahren des Bewegungsapparats wurde im Mai 2015 gegründet und steht in der Nachfolge der aufgelösten Arbeitsgemeinschaft Muskuloskelettale Radiologie. Prof. Dr. Karl-Friedrich Kreitner, Vorsitzender der AG, zu den aktuellen Projekten und weiteren Planungen für die Zukunft.

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Prof. Dr. Karl-Friedrich Kreitner

Welches sind die zentralen Handlungsfelder der AG?

In Zentrum steht – der Name ist hier Programm – die Diagnostik und minimalinvasive Therapie von Erkrankungen des Bewegungsapparats in ihrer ganzen Bandbreite. Solche Erkrankungen nehmen in der täglichen Routine des Radiologen einen großen Raum ein. Entsprechend wichtig ist es, auf dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis zu bleiben, um nicht zuletzt den Anforderungen von Zuweiserseite auch weiterhin vollumfänglich gerecht werden zu können.


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Was ist neu hinzugekommen?

Für die Arbeitsgemeinschaft neu hinzugekommen ist das Polytrauma. Polytrauma ist die sechsthäufigste Todesursache bei unter 50-jährigen Menschen. Ein polytraumatisierter Patient verursacht von Beginn seines Unfalls bis zur Reintegration in den Arbeitsprozess Kosten von durchschnittlich 250 000 €. Mehrfachverletzte stellen damit einen erheblichen volkswirtschaftlichen Faktor dar. Die Radiologie kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, weil nur durch konsequente Anwendung ihrer Methoden schnell und umfassend valide Aussagen über das Ausmaß der Verletzungen getroffen werden können – eine entscheidende Voraussetzung für die Wahl der richtigen Therapie. Wir wollen für die Untersuchung dieser Patienten Standards definieren und Empfehlungen formulieren, die zum einen das Schockraummanagement betreffen. Hierzu wird es übrigens auf dem nächsten Röntgenkongress auch einen Spezialkurs geben. Zum anderen geht es aber natürlich auch darum, allgemein einsetzbare Untersuchungsprotokolle zu formulieren. Hierzu gibt es eindeutige, evidenzbasierte Zahlen, die beispielsweise belegen, dass sich das Konzept des Ganzkörper-CT eindeutig positiv auf die Überlebenschancen der Patienten auswirkt. Wir sind da in Deutschland sicher ganz gut aufgestellt, aber wir müssen in einem nächsten Schritt auch darüber nachdenken, ob die Zertifizierung von Polytraumazentren Sinn machen könnte.


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Wie sieht denn das neue Zertifizierungsprogramm aus?

Unser Zertifizierungsprogramm orientiert sich in seinem Aufbau an den Leitlinien des DRG-Vorstands bzw. an der Umsetzungspraxis der DeGIR. Die Zertifizierung von Personen erfolgt in 2 Stufen. Die Basis-Qualifizierung geht bereits über die Inhalte der Weiterbildung zum Facharzt hinaus und kann auch begleitend dazu erworben werden. Die 2. Stufe, die sich daran anschließt, ist eine Art Spezialisierung, die nach dem Facharzt greift. Wie bei anderen DRG-Zertifizierungen auch müssen die hierfür notwendigen Fortbildungen und durchgeführten Untersuchungen dokumentiert bzw. bescheinigt werden. Die Vorgaben hierfür sind dabei so gefasst, dass sie auch in der Breite erfüllt werden können. Für die nächsten 2 Jahre gibt es eine Übergangsregelung, d. h. denjenigen, die die Voraussetzungen für diese Zertifizierung bereits erfüllen, wird eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt. Das gilt auch für diejenigen, die einen Qualifizierungsbeleg der alten AG MSK vorweisen können. Für 2017 planen wir, die Spezialisierungsstufe mit einer mündlichen Prüfung abzuschließen. Auch bei der Zertifizierung von Einrichtungen haben wir uns an der DeGIR orientiert. Wir werden entsprechend Basis- und Schwerpunktzentren zertifizieren und auch hier gilt, dass die Anforderungen so gefasst sind, dass eine Abdeckung in der Fläche möglich ist.


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Mit welchen Themen wird die AG auf dem nächsten RöKo vertreten sein?

Zum Schwerpunktthema Erkrankungen der Wirbelsäule haben wir eine ganze Reihe spannender Veranstaltungen vorbereitet. So wird es eine Highlight-Sitzung zum Thema „Volkskrankheit Rückenschmerz“ geben, in der volkswirtschaftliche Aspekte oder auch die Rolle der Chirurgie behandelt werden. Die im Gesundheitssystem anfallenden Kosten für den Rückenschmerz belaufen sich jährlich auf etwa 7-8 Milliarden €! Im Mittelpunkt steht natürlich die Frage, wann Bildgebung überhaupt Sinn macht. Ich selber sitze momentan in der Kommission, die die nationale Versorgungsleitlinie des unspezifischen Kreuzschmerzes überarbeitet. Das ist sehr aufschlussreich, weil eine Vielzahl von Kreuzbeschwerden erst einmal nicht einer Bildgebung zugeführt werden sollte. Patienten müssen in diesen Fällen eher dazu angehalten werden, aktiv zu bleiben.

Zwei weitere Highlight-Sitzungen beschäftigen sich mit Wirbelsäulenverletzungen – da schließt sich der Kreis zum Polytrauma – und entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen. Interessant ist auch die Frage, an welcher Stelle der Radiologe minimalinvasiv tätig sein kann. Hierzu wird es zusammen mit DeGIR und DGNR einen Refresherkurs „Intervention an der Wirbelsäule“ geben. Die Tumoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle und werden in einem fallbasierten Kurs behandelt. Rund um das Kreuz gibt es also ein äußerst vielseitiges und interessantes Programmangebot.


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Stichwort fallbasiert. Ist eine digitale Fallsammlung, wie sie die AG Herz auf den Weg gebracht hat, auch für ihre AG interessant?

Unbedingt. Eine Fallsammlung ist absolut wünschenswert gerade für diejenigen, die sich intensiver mit unserem Bereich beschäftigen wollen. Wir haben hierfür im Vorstand bereits mit Prof. Dr. Rolf Janka aus Erlangen jemanden als Projektverantwortlichen gewinnen können, der dieses Ansinnen in einer bestmöglichen Art und Weise voranbringen wird. Ich denke, wenn allein aus dem Vorstand pro Woche je 1 Fall beigetragen wird, müsste man innerhalb eines Jahres eine stattliche Zahl an Fällen erreichen können, die die Breite der täglichen Routine gut abdeckt.


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