Laryngorhinootologie 2016; 95(03): 200-201
DOI: 10.1055/s-0041-111568
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Exazerbierte oropharyngeale Schmerzen mit rezidivierenden synkopalen Episoden

B. Kramer
1   Universitäts-HNO-Klinik, Universitätsmedizin Mannheim
,
J. D. Schultz
1   Universitäts-HNO-Klinik, Universitätsmedizin Mannheim
,
R. Hülse
1   Universitäts-HNO-Klinik, Universitätsmedizin Mannheim
,
K. Hörmann
1   Universitäts-HNO-Klinik, Universitätsmedizin Mannheim
,
D. Cazan
1   Universitäts-HNO-Klinik, Universitätsmedizin Mannheim
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
14 March 2016 (online)

Fallbericht

Ein 51-jähriger Patient in altersentsprechend gutem Allgemein- und Ernährungszustand stellte sich mit seit ca. 2 Monaten zunehmenden Hals- und Rachenschmerzen vor, die sich in immer kürzer werdenden Abständen in anfallsartigen Schmerzepisoden mit stärkster diffuser Odynophagie ohne Seitenbetonung äußerten. Die Symptomatik war laut Angaben des Patienten bei forcierter Mundöffnung provozierbar und trat ohne einen zeitlichen Zusammenhang zur Nahrungsaufnahme auf. Der Schluckakt an sich war nicht eingeschränkt. Eine akute oder kürzlich zurückliegende Infektion wurde nicht berichtet. Die Gaumenmandeln wurden bereits im Kindesalter beidseits entfernt. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine schmerzhaft eingeschränkte Mundöffnung ohne Kieferklemme sowie reproduzierbare diffuse oropharyngeale Schmerzen bei der Kopfdrehung nach links. Der übrige HNO-Status ergab keine weiteren Auffälligkeiten. Der Patient wurde zur Ursachenabklärung und adäquaten Analgesie stationär aufgenommen. Laborchemisch zeigten sich außer einem leicht erhöhten C-reaktiven Protein von 8,9 mg/l keine weiteren Auffälligkeiten. Die Halssonografie war ebenfalls unauffällig. Während des stationären Verlaufs entwickelte der Patient rezidivierend auftretende synkopale Episoden von ca. 5–20 Sekunden Dauer. Prodromal klagte der Patient jeweils über stärkste einschießende Schmerzspitzen enoral und eine massive vegetative Begleitsymptomatik mit Übelkeit. In den schmerzfreien Intervallen war der Patient annähernd beschwerdefrei. Es erfolgte eine CT-Bildgebung des Schädels und des Halses. Dort zeigte sich der Processus stylohyoideus (PS) beidseits verlängert, links auf 3,2 cm, rechts auf 2,7 cm ([Abb. 1] [2]). Aufgrund der Symptomatik wurde die Entscheidung zur transoralen Resektion des verlängerten PS links getroffen. Während der Narkoseeinleitung zeigten sich im Rahmen der Intubation rezidivierend auftretende Bradykardien bis hin zum Sinusarrest, begleitet von kurzzeitigen Asystolien, sodass der Patient kardiopulmonal reanimiert werden musste. Es erfolgte daraufhin unmittelbar präoperativ die Anlage eines peripheren Schrittmachers. Im engen interdisziplinären Austausch mit den Kollegen der Anästhesie wurde daraufhin bei kreislaufstabilen Verhältnissen die gemeinsame Entscheidung zur Durchführung der geplanten chirurgischen Intervention getroffen. Die chirurgische Resektion erfolgte von transoral bei Z. n. Tonsillektomie beidseits über die Eröffnung der lateralen Pharynxwand links mit Eröffnung des Spatium lateropharyngeum. Der verlängerte PS links wurde in kraniokaudaler Ausdehnung dargestellt und nach Absetzen des Ligamentums stylohyoideum erfolgte eine scharfe Resektion des PS links. Postoperativ konnte der periphere Schrittmacher noch im Aufwachraum bei normaler LV-Funktion und kreislaufstabilen Verhältnissen wieder entfernt werden. Eine intensivmedizinische Überwachung war zu keinem Zeitpunkt mehr notwendig. Der weitere postoperative stationäre Verlauf gestaltete sich unauffällig und der Patient konnte in gutem Allgemeinzustand und ohne Beschwerden nach 7 Tagen aus der stationären Behandlung entlassen werden ([Abb. 3]).

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Abb. 1 Darstellung des linksseitig verlängerten Processus stylohyoideus in koronar geschichteter zervikaler CT-Schnittbildgebung.
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Abb. 2 3D-Rekonstruktion der zervikalen CT-Schnittbildgebung mit linksseitig elongiertem Processus stylohyoideus.
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Abb. 3 Intraoperative Darstellung des elongierten Processus stylohyoideus links (*) in kraniokaudaler Ausdehnung von transoral durch Eröffnung des Spatium lateropharyngeum links.