Zeitschrift für Phytotherapie 2021; 42(S 01): S14
DOI: 10.1055/s-0041-1731486
Vorträge

Zell- und Gewebemodelle zur pharmakologischen Charakterisierung pflanzlicher Arzneimittel bei entzündlichen Darmerkrankungen

L Schiller
1   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Physik und Biophysik, Leipzig, Deutschland
2   Repha GmbH Biologische Arzneimittel, Langenhagen, Deutschland
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Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind von einer mukosalen Barrierestörung sowie einer irregulären intestinalen Immunreaktion gekennzeichnet, bei der vielfältige Immunzellen verstärkt in die Mukosa einwandern und Entzündungsmediatoren freisetzen.

Viele Betroffene interessieren sich für oder nutzen bereits pflanzliche Arzneimittel zur komplementärmedizinischen Therapie. Die begrenzte Datenlage zu vielen traditionellen Phytopharmaka limitiert jedoch die Akzeptanz und erschwert die Integration in die ärztliche konventionelle Therapie. Präklinische Untersuchungen zu pharmakologischen Mechanismen und aktiven Pflanzenstoffen können hier eine wertvolle Ergänzung zu klinischen Studien sein.

Am Beispiel pharmakologischer Untersuchungen einer Kombination aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamillenblütenextrakt werden im Vortrag verschiedene Zell- und Gewebekulturmodelle vorgestellt, die unterschiedliche Aspekte der CED-Pathophysiologie abbilden.

Einzelne Zelllinien können die Funktionen unterschiedlicher Zelltypen in vitro modellieren. LPS-aktivierte THP-1 Makrophagen dienen z.B. zur experimentellen Betrachtung der pro-inflammatorischen Zytokinausschüttung. Als einfaches, leicht zugängliches Modell eigenen sie sich u.a. zum Screening bioaktiver anti-inflammatorischer Inhaltsstoffe und der isolierten Betrachtung molekularer Signalwege.

In komplexeren Co-Kultur-Modellen werden Funktion und Interaktion verschiedener Zelltypen abgebildet. Um die Epithel- und Immunzellen der intestinalen Mukosa zu modellieren, können Monolagen aus enterozytenartigen Caco-2- und becherzellartigen HT29-MTX-Zellen mit THP-1 Makrophagen kombiniert werden. Dies ermöglicht Untersuchungen von Multi-Target-Effekten auf die Zell-Zell-Kommunikation sowie entzündungsinduzierte Störungen der Barrierefunktion.

Gewebekulturen machen die multizelluläre Architektur und Funktionalität der Darmmukosa für Laboruntersuchungen zugänglich. Hierbei ist die Kultivierung von Biopsiematerial, das im Rahmen von Routineuntersuchungen von CED-Erkrankten gewonnen werden kann, von besonderem Interesse. Mittels histologischer und biochemischer Analysen können pharmakologische Effekte auf klinisch relevante CED-Merkmale untersucht werden.

In Abhängigkeit von der jeweiligen Fragestellung bieten die einzelnen Modelle somit individuelle Vorteile, um die pharmakologische Wirkweise pflanzlicher Vielstoffgemische innerhalb einer multifaktoriellen Pathophysiologie aufzuschlüsseln.



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Article published online:
22 June 2021

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