Der Klinikarzt 2016; 45(03): 113
DOI: 10.1055/s-0042-103270
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lungenkarzinom

Ludger Hillejan
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Publication Date:
08 April 2016 (online)

Der klinikarzt widmet sich in diesem Schwerpunktheft den aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie des Lungenkarzinoms. Immer noch ist die Diagnose Lungenkrebs für Patienten und Angehörige eine schwere Belastung. Grund hierfür ist die nach wie vor schlechte Prognose, so wird die relative 5-Jahres-Überlebensrate mit Lungenkrebs in Deutschland für Männer mit 15 % und für Frauen mit 18 % angegeben [1].

Jahrzehnte der Stagnation sind Gründe dafür, dass der Erkrankung lange Zeit die wünschenswerte Aufmerksamkeit verwehrt wurde. Die letzten 10 Jahre erbrachten Fortschritte auf allen Behandlungsebenen, die zu einer spürbaren Verbesserung der Versorgungssituation und auch der Langzeitprognose in bestimmten Situationen geführt haben. Hierzu gehört die differenzierte Evaluation der häufig begleitenden Komorbiditäten, die oftmals Ansätze für eine Optimierung der medikamentösen und physiotherapeutischen Behandlung bietet und damit wesentlich zu einer Verbesserung der klinischen Situation beitragen kann. Ebenso wichtig sind die Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik, z. B. mit der PET-Computertomografie und innovative nicht invasive Stagingmaßnahmen wie der endobronchiale Ultraschall zur histologischen Abklärung von Lymphknotenvergrößerungen und peripheren pulmonalen Rundherden. Die Thoraxchirurgie bietet mit minimal invasiven thorakoskopischen Operationen onkologisch zur offenen Technik gleichwertige, aber schonendere Resektionen in Frühstadien der Erkrankung. Bei fortgeschrittenen Tumoren sind auch erweiterte Resektionen mit geringem perioperativen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko möglich. Die Strahlentherapie hat Dank einer Reihe von technischen Entwicklungen in vielen Stadien optimierte Behandlungsoptionen in adjuvanter, neoadjuvanter oder definitiver Intention. Neu diagnostizierbare und therapierbare Genveränderungen, vor allem beim Adenokarziom, haben unter dem Stichwort einer personalisierten Medizin die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten deutlich erweitert. Hinzu kommt aktuell der vielversprechende Einsatz von Immuntherapeutika zur weniger belastenden und wirksameren Behandlung von nicht mehr heilbaren Patienten. Zu allen genannten Themen werden in diesem Heft ausgewiesene Experten auf ihrem jeweiligen Fachgebiet berichten.

Hochaktuell ist auch die Diskussion um Screeninguntersuchungen beim Lungenkrebs. Hier konnten Studien in den letzten Jahren erstmals den Nachweis erbringen, dass hiermit bei definierten Risikogruppen eine Reduktion der Sterblichkeit möglich ist. Der National Lung Sreening Trial [2] umfasste über 53 000 Personen mit hohem Risiko für Lungenkrebs (Alter zwischen 55 und 74 Jahren, starke Raucher oder Ex-Raucher), die in 2 Gruppen randomisiert wurden. Während die erste Gruppe lediglich Röntgen-Thoraxuntersuchungen erhielt, wurden in der zweiten Gruppe Low-Dose-CT-Untersuchungen veranlasst. Tatsächlich konnte in der mit CT untersuchten Gruppe gegenüber der zweiten Gruppe die Letalität an Lungenkrebs um 20 % reduziert werden. Gleichzeitig blieb die Rate an Komplikationen bei Patienten mit falsch positiven Befunden gering. Trotz dieser ermutigenden Ergebnisse existieren in Deutschland bis heute noch keine allgemein gültigen Empfehlungen zur Durchführung von Früherkennungsprogrammen. Daher werden im Lungenkrebszentrum Osnabrück Patienten unter Berücksichtigung ihrer individuellen Risikofaktoren Früherkennungsuntersuchungen empfohlen.

Lungenkrebspatienten werden heute bundesweit zunehmend in ausgewiesenen Zentren betreut. Sie profitieren von enger interdisziplinärer Vernetzung und hoher fachlicher Expertise. 2013 waren 38 Zenten nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Im gleichen Jahr wurden allerdings erst 15 000 Patienten (bei ca. 50 000 Neuerkrankungen) betreut. Aktuell werden bereits ca. 60 % der kurativen Operationen in zertifizierten Kliniken vorgenommen. Zu hoffen ist, dass sich die Prognose der Betroffenen auch durch diese Entwicklung rasch und spürbar verbessern lässt.

 
  • Literatur

  • 1 Goeckenjan G et al. Prevention, diagnosis, therapy, and follow-up of lung cancer: interdisciplinary guideline of the German Respiratory Society and the German Cancer Society Pneumologie. 2010; 64
  • 2 Berg et al. The National Lung Screening Trial Research Team. Reduced Lung-Cancer Mortality with Low-Dose Computed Tomographic Screening. N Engl J Med 2011; 365: 395-409