TumorDiagnostik & Therapie 2016; 37(06): 316-319
DOI: 10.1055/s-0042-109381
Schwerpunkt: Big Data in der Onkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Übersicht – Big-Data-Anwendungen und der Datenschutz

J. Drepper
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. August 2016 (online)

Die Aussicht, mit Big-Data-Anwendungen zu neuen Therapie-Optionen gerade in der Onkologie zu kommen, ist sicher wesentlich verlockender als mit zielgenauer Werbung zum Kaufen animiert zu werden. Trotzdem stellt sich auch hier die Frage: Wo ist Big Data mit besonderen datenschutzrechtlichen Herausforderungen verbunden?

In vielen Fällen nutzen Big-Data-Anwendungen existierende Datenbestände, die nicht speziell für diese neuartige Auswertung erhoben wurden. Hier ist rechtlich zu beleuchten, unter welchen Umständen solche Zweckänderungen zulässig sind. Um eine solche Notwendigkeit von Zweckänderungen prospektiv auszuschließen, kann die Einwilligung mit möglichst breiter Zweckbeschreibung eingeholt werden. Dann ist aber zu prüfen, ob eine Einwilligung mit so breiter Zweckbeschreibung noch als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung gelten kann.

Große Datenmengen entstehen häufig dadurch, dass viele Datenquellen angezapft und heterogene Datenbestände verknüpft werden. Die Zusammenführung unterschiedlicher Datensätze zu einer Person geht aber typischerweise mit erhöhten Reidentifizierungsrisiken einher. Darüber hinaus kann die Verarbeitung großer Datenmengen und die Anwendung komplexer Analyseverfahren die Verteilung von Aufgaben notwendig machen, sodass die Datenverarbeitung nicht mehr auf den ursprünglichen Datenerheber begrenzbar ist, der ggf. noch im direkten Kontakt zum Patienten steht.

Schlussendlich bieten moderne und komplexe Analyseverfahren oft erst die Voraussetzungen, in großen und heterogenen Datenbeständen relevante Muster zu erkennen. Genau diese Mustererkennungsverfahren können aber auch zu einer datenschutzrechtlich kritischen Intransparenz der Datenverarbeitung führen. Zudem können solche Muster zu Profilbildungen genutzt werden, deren Problematik nicht mehr allein auf das Datenschutzrecht abbildbar ist.

All diese Besonderheiten von Big-Data-Anwendungen sind hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen gesondert zu betrachten.

 
  • Literatur

  • 1 Schneider UK. Sekundärnutzung klinischer Daten – Rechtliche Rahmenbedingungen. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2015
  • 2 Pommerening K, Drepper J, Helbing K et al. Leitfaden zum Datenschutz in medizinischen Forschungsprojekten – Generische Lösungen der TMF 2.0. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2014
  • 3 Gymrek M, McGuire AL, Golan D et al. Identifying Personal Genomes by Surname Inference. Science 2013; 339: 321-324
  • 4 Sweeney L. k-Anonymity: A model for protecting privacy. International Journal of Uncertainty, Fuzziness and Knowledge-Based Systems 2002; 10: 557-570
  • 5 Prasser F, Sariyar M. Anonymisierung von medizinischen Individualdaten. In: Drepper J, Semler SC, Hrsg. IT-Infrastrukturen in der patientenorientierten Forschung Aktueller Stand und Handlungsbedarf 2015. Berlin: AKA-Verlag; 2016: 213-224
  • 6 Drepper J. Cloud-Computing in der medizinschen Forschung. In: Drepper J, Semler SC, Hrsg. IT-Infrastrukturen in der patientenorientierten Forschung. Aktueller Stand und Handlungsbedarf 2015. Berlin: AKA-Verlag; 2016: 225-240
  • 7 Roßnagel A, Nebel M. (Verlorene) Selbstbestimmung im Datenmeer. Privatheit im Zeitalter von Big Data. Datenschutz und Datensicherheit 2015; 455-459