Zentralbl Chir 2017; 142(01): 25-31
DOI: 10.1055/s-0042-109560
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Studentische Hilfskräfte im „Operativen Rufdienst“: Mixed-Method-Studie zur Analyse des finanziellen Aspekts und der Motive der Studierenden

Undergraduate Medical Students “On Call” to Assist in Theatre: Analysis of the Financial Aspects and a Mixed-Method Study Exploring Their Motives for Working
C. Rabe
1   Lehrstuhl Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung, Universitätsklinikum Würzburg, Deutschland
2   Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
,
M. Ghadimi
2   Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
,
S. König
1   Lehrstuhl Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung, Universitätsklinikum Würzburg, Deutschland
2   Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
21 June 2016 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund/Ziel: Die Patientenversorgung in der Chirurgie ist in ihrer Komplexität erheblich gestiegen. Damit geht auch eine erhöhte Arbeitsbelastung der ärztlichen Mitarbeiter einher. Wir haben eine Dienstgruppe aus Medizinstudierenden eingerichtet, die außerhalb der regulären Arbeitszeiten im OP assistiert. Unser Ziel war es, die Dienstbelastung für die Ärzte sowie Personalkosten zu reduzieren und Studierende für die Chirurgie zu motivieren.

Methoden: Die Datenerhebung erfolgte als explorative Mixed-Method-Studie mit sequenziellem Vorgehen. Zunächst wurden leitfragengestützte Interviews mit 5 Studierenden durchgeführt, um die Gründe für die Arbeit als OP-Assistenz qualitativ zu evaluieren. Anschließend wurde zur quantitativen Erhebung ein Online-Fragebogen (EvaSys®) konstruiert und an 16 aktuelle sowie ehemalige Studierende versendet. Die Arbeitsstunden und Lohnkosten der studentischen Hilfskräfte wurden errechnet und mit der Kosteneinsparung von ärztlichen Mitarbeitern verglichen.

Ergebnisse: In den Jahren 2013 und 2014 arbeiteten durchschnittlich 8–9 Studierende insgesamt 1063 bzw. 1211 Stunden im Operationssaal. Die Differenz im Arbeitgeberbrutto zwischen den Studierenden und ärztlichen Mitarbeitern betrug 28,37 € pro Stunde, sodass sich eine Kostenersparnis von etwa 60 000 € pro Jahr ergab. Bei der Frage nach den Motiven wurde in den Interviews der finanzielle Aspekt als sekundär betont, wohingegen die Mehrheit das Sammeln von Erfahrungen favorisierte. Bei der Online-Umfrage dienten Mittelwertvergleiche anhand der 4-stufigen Likert-Skalierung (1 = hohe Zustimmung; 4 = keine Zustimmung) als Analyseinstrument. Primäre Motive können durch Mittelwerte ≤ 1,3 definiert werden. Anhand dieser Selektion werden vor allem das Sammeln von Erfahrungen, Spaß, das Interesse an der Chirurgie und die Abwechslung zum Studium als Motive für die Studierenden deutlich. Besonders durch die Interviews wurde der Bedarf an mehr Lehr- und Lernmöglichkeiten im OP bei den Studierenden sichtbar und insbesondere die Interaktion mit dem Operateur als verbesserungswürdig betitelt.

Schlussfolgerung: Die Studierenden hatten sich aktiv für den operativen Rufdienst entschlossen. Es gab multiple Gründe, die den finanziellen Aspekt überwogen. Insgesamt stellt das Konzept des studentischen Rufdiensts eine Win-win-Situation für den Arbeitgeber und die Studierenden dar. Aus den Ergebnissen der Befragungen sind aber auch klare Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten.

Abstract

Background/Purpose: Surgical patient care has grown in complexity, as hospital workload has continuously increased. We therefore established a pool of “undergraduate medical students on call” to assist in the theatre outside working hours. We aimed to recruit talented students to reduce the burden on physicians and to motivate students into entering surgery.

Methods: An exploratory mixed-method study was performed. In a qualitative study, guided interviews were conducted with five students about their reasons for working in the theatre and the results were used to construct an online questionnaire using EvaSys®. This was presented to 16 current and former students in a subsequent quantitative study. Furthermore, the cost of student employment was calculated and compared with physiciansʼ salaries.

Results: In 2013 and 2014, 8–9 students worked a total of 1063 and 1211 hours in the theatre, respectively. The difference in salaries between the students and surgical residents was € 28.37 per hour. We calculated that the annual savings were approximately € 60,000. When questioned on their motives during the interview, only a few students emphasised the financial aspects, whereas the majority emphasised the gain in experience. The analysis was based on comparison of the mean values (online survey) with a 4-point Likert scale (1 = high acceptance; 4 = no acceptance). We defined the motives with a mean ≤ 1.3 as primary. Based on this selection, gathering experience, fun/enjoyment, interest in surgery, and the change from studying were considered as distinct motives. In the interviews, students clearly pointed out that teaching and learning opportunities in the theatre were not commonly taken advantage of and that interaction with the surgeons should be improved.

Conclusion: Students actively chose to work as assistants in the theatre, for a variety of motives. The financial aspects were subordinate. The concept of students assisting in the theatre is favourable for both employers and students. However, the results also reveal that there is room for improvement in the implementation of the concept.