Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2016; 2(02): 1
DOI: 10.1055/s-0042-110364
Editorial
Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
26 July 2016 (online)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen klafft zwischen einer gesunden Ernährung in der Theorie und dem tatsächlichen Ernährungsverhalten nach wie vor in vielen Altersklassen, v. a. bei Kindern und Jugendlichen eine große Lücke. In der Kindheit werden die Weichen für eine gesunde geistige und körperliche Entwicklung des Menschen gestellt. Ernährungseinflüsse und die Prägung von Ernährungsgewohnheiten spielen in dieser Phase eine tragende Rolle in der Prävention vieler chronischer Erkrankungen des Alters. Dabei hat die Ernährung vorrangig das Ziel, den wachsenden Organismus ausreichend mit Energie und essenziellen Nährstoffen zu versorgen sowie zur Prävention späterer ernährungsbedingter Krankheiten (z. B. Diabetes, Krebs) beizutragen. Dass die Ernährung auch entscheidenden Einfluss auf die Hirnentwicklung und kognitive Leistungsfähigkeit hat, wird zunehmend deutlich. In der frühkindlichen Entwicklung sowie in der gesamten Wachstumsphase ist daher bei Kindern und Jugendlichen eine adäquate Versorgung mit gehirnaktiven Mikronährstoffen, wie Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren oder Folsäure, von wesentlicher Bedeutung.

In dieser Ausgabe der OM soll die Bedeutung von Mikronährstoffen für die kindliche Entwicklung im Mittelpunkt stehen. In seinem interessanten Beitrag versucht Prof. von Schacky die aktuelle Datenlage zu den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA für komplexe Hirnfunktionen zusammenzufassen, wobei er den Schwerpunkt auf Daten aus Biomarkerstudien legt, da diese ein klareres Bild liefern als konventionelle Ernährungsstudien. EPA und DHA sind von entscheidender Bedeutung für die optimale Hirnfunktion. Zur Beurteilung der Versorgung sollten Biomarker wie der HS-Omega-3 Index labordiagnostisch erfasst werden. Niedrige Spiegel von EPA und DHA sind Prädiktoren für eingeschränkte komplexe Hirnleistungen und mit einer Vielzahl von psychiatrischen und psychologischen Erkrankungen wie ADHS und Depression assoziiert.

Woran sich eine gesunde Ernährung bei Kindern und Jugendlichen im Alltag orientieren sollte, lesen Sie im Beitrag von Dr. Schmiedel. Neben einer Vollwerternährung mit hohem Frischkostanteil bilden bei Nährstoffdefiziten und Problemen, wie Unruhe, Aggressivität, Wachstums- und Lernstörungen auch Mikronährstoffe einen zentralen Therapiebaustein.

Einen Schwerpunkt auf Vitamin K2, Omega-3-Fettsäuren und Störungen im mitochondrialen Stoffwechsel legt der Kinderarzt Dr. Weber in seinem Beitrag „Mikronährstoffe im Kindesalter“. Vitamin K2 ist v. a. für den Knochenstoffwechsel und die Gefäßgesundheit von Bedeutung, unterstützt die Zahngesundheit, sorgt für einen harten Zahnschmelz und senkt das Risiko für Karies. Sehr bemerkenswert ist die von Dr. Weber vorgestellte Kasuistik eines 7-jährigen Jungen, der aufgrund eines sekundären Hyperparathyreoidismus eine arterielle Hypertonie entwickelt und erfolgreich mit kardioprotektiven Nährstoffen wie Vitamin D behandelt wurde.

Die Bedeutung des Sonnenlichtes und des Prohormons Vitamin D für die frühkindliche Entwicklung wird in einem lesenswerten Beitrag von Prof. Holick von der Universität in Boston/USA vorgestellt. Vitamin D hat eine besondere Bedeutung bei der gesunden Reifung des Gehirns und des Nervensystems. Es verwundert daher nicht, dass ein maternaler Vitamin-D-Mangel mit einem erhöhten Auftreten von psychischen Störungen beim Kind und Erwachsenen wie Autismus und Schizophrenie in Verbindung gebracht wird. Auch die gesunde Entwicklung der Atemwege wird durch Vitamin D unterstützt und scheint nach Studien aufgrund der immunmodulierenden Wirkung das Risiko für Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale und allergische Rhinitis im späteren Lebensalter zu verringern. Generell wird deutlich, wie wichtig ein natürlicher Umgang mit der Sonne ist und dass ein gesunder Vitamin-D-Haushalt in der frühkindlichen Entwicklungsphase von ähnlich hohem Stellenwert ist wie die Folsäureversorgung.

Dank der tatkräftigen Hilfe unserer Autoren können wir Ihnen erneut ein spannendes Heft präsentieren. Das Herausgeber-Team wünscht Ihnen viel Spaß beim Lesen und beim Umsetzen der gewonnen Erkenntnisse in die Praxis.

Ihr

Uwe Gröber

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