neuroreha 2016; 08(03): 103
DOI: 10.1055/s-0042-113534
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Armtraining nach differenzierter Prognose frühzeitig nach Schlaganfall

Jan Mehrholz
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Publication Date:
09 September 2016 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, verschiedene frühzeitige Armtrainingsansätze nach zuvor erfolgter differenzierter Prognose der Erholung nach Schlaganfall zu vergleichen.


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Methodik

Design. Multizentrische randomisierte kontrollierte Studie mit Stratifizierung nach Prognose der motorischen Erholung.

Ein- und Ausschlusskriterien. Eingeschlossen wurden Patienten mit Armparese nach erstem ischämischem Schlaganfall im Alter von 18–80 Jahren mit einem ARAT-Wert von ≤ 53 von maximal 57 Punkten. Die Patienten mussten kommunizieren können, mindestens ≥ 23 Punkte von 30 Punkten im Mini Mental State Examination haben und selbstständig mindestens 30 Sekunden sitzen können. Außerdem sollten die Patienten keine erfolgreiche Lysetherapie bzw. muskuloskeletale Einschränkungen haben und ebenfalls keine lokale antispastische oder andere Medikation, die die Funktion der oberen Extremität beeinflussen könnte, erhalten.

Stratifizierung und Interventionen. Vor Beginn der Studie wurden die Patienten mit guter Prognose, d. h. mit willkürlicher Daumenextension und/oder Fingerextension der betroffenen Seite (10 ° oder mehr von mindestens zwei Fingern), in modifizierte Constraint-Induced Movement Therapy (mCIMT) eingeteilt. Die Patienten, die solche Willküraktivität nicht zeigten, erhielten EMG-getriggerte Elektrostimulation als experimentelle Intervention (EMG-NMS).

Die mCIMT-Gruppe erhielt täglich 60 Minuten supervidierte und gesteigerte aufgabenspezifische Armtherapie. Die Therapie konnte unterteilt werden als einstündige Therapie oder in zwei halbstündige Therapien.

Die Patienten in der EMG-NMS-Gruppe erhielten zwei Sitzungen von je 30 Minuten EMG-getriggerte Elektrostimulation der Fingerextension jeden Werktag über insgesamt drei Wochen.

Die jeweiligen Kontrollgruppen erhielten Armtherapien nach den niederländischen Leitlinien zur Behandlung der oberen Extremität nach Schlaganfall: 30 Minuten Einzeltherapie am Tag für insgesamt drei aufeinanderfolgende Wochen. Die Patienten in der Kontrollgruppe mit schlechterer Prognose erhielten z. B. passive Bewegungsübungen und die Patienten in der Kontrollgruppe mit besserer Prognose erhielten leitliniengerechte Armtherapien.

Messungen. Primäre abhängige Variable war die Armfunktion gemessen mit dem Action Research Arm Test (ARAT). Die Untersucher gingen von einer minimalen klinisch bedeutsamen Schwelle (MCID) von 10 % Verbesserung im ARAT aus.

Sekundäre Zielvariablen waren die Hand-Arm-Funktion gemessen mit dem Fugl-Meyer-Armtest (FMA) für die obere Extremität und dem Wolf Motor Function Test (WMFT), die Armkraft gemessen mit dem Motricity Index (MIUE), die Sensibilität gemessen mit dem Erasmus MC modifications of the Nottingham Sensory Assessment of the Upper Extremity (EmNSA-UE), die Handgeschicklichkeit gemessen mit dem Nine-Hole Peg Test (NHPT), die Armaktivitäten gemessen mit dem Frenchay Arm Test (FAT), die Armbenutzung im Alltag gemessen mit dem Motor Activity Log (MAL) und die Handfunktion gemessen mit der Handdomäne der Stroke Impact Scale (SIS-Hand, Version 3.0).

Gemessen wurde zu Beginn, nach fünf Wochen, nach acht Wochen, nach zwölf Wochen und nach sechs und 20 Wochen. Ausgewählt wurde nach dem Intention-to-treat-Prinzip.


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Ergebnisse

Insgesamt wurden 159 Patienten, 58 mit guter Prognose und 101 Patienten mit eher schlechter Prognose eingeschlossen und randomisiert.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Patienten mit guter Prognose, die mCIMT erhielten, der Kontrollgruppe z. B. im ARAT, jedoch nicht im FM-UE nach drei Monaten überlegen waren. Die Patienten mit schlechter Prognose, die EMG-NMS erhielten, waren der Kontrollgruppe in keinem der gemessenen Parameter überlegen.

Insgesamt konnte keine zeitabhängige neurologische Verbesserung durch prognosespezifische Therapien frühzeitig nach Schlaganfall erreicht werden.


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Schlussfolgerung

Die Autoren schließen daraus, dass lediglich die Patienten mit guter Prognose der Armfähigkeit von einer spezifischen Armtherapie profitieren könnten.


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  • Kwakkel G, Winters C, van Wegen EE et al. Effects of unilateral upper limb training in two distinct prognostic groups early after stroke: The EXPLICIT-Stroke Randomized Clinical Trial. Neurorehabil Neural Repair 2016; DOI: 10.1177/1545968315624784. [Epub ahead of print]