Der Klinikarzt 2016; 45(10): 441
DOI: 10.1055/s-0042-118326
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Leitlinienprogramm Onkologie

Neue S3-Leitlinie zum Harnblasenkrebs
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Publication Date:
18 October 2016 (online)

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat erstmals eine S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms vorgelegt. Die neue Leitlinie entstand unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Interdisziplinären Arbeitsgruppe BlasenCarcinom (IABC); sie gründet auf einer systematischen Recherche, Auswahl und Bewertung der wissenschaftlicher Belege zu relevanten klinischen Fragestellungen und füllt damit eine große Lücke. Denn bislang gab es für diese Krebsart keine hochwertige nationale Leitlinie.

In Deutschland erkranken nach Schätzungen des Robert Koch-Institutes ca. 28 000 Menschen jährlich neu an einem Harnblasentumor. Das Harnblasenkarzinom ist damit der zweithäufigste Tumor in der Urologie. Trotz neuer diagnostischer und operativer Verfahren kommt es nach der Behandlung nach wie vor häufig zu Rückfällen oder zum Fortschreiten der Tumorerkrankung. Bei oberflächlichen Harnblasentumoren beträgt die Rückfallrate zum Beispiel ca. 70 % in Abhängigkeit vom Stadium des Tumors und seiner Differenzierung. Bei bis zu 25 % der Patienten entwickelt sich die Erkrankung trotz Therapie zu einem höheren Tumorstadium weiter. Auch bei den lokal begrenzten Blasentumoren schreitet die Erkrankung in 30 % der Fälle innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Harnblasenentfernung fort. Haben sich erst einmal Metastasen gebildet, so liegt der Schwerpunkt der Behandlung auf der Linderung der Beschwerden mittels Chemotherapie.

„Bei der Erstellung der S3-Leitlinie zum Harnblasenkarzinom haben wir über 17 000 wissenschaftliche Arbeiten analysiert und über 320 Evidenztabellen zusammengestellt; auf Basis des aktuell verfügbaren Wissens entstand so die bestmögliche Entscheidungshilfe für das ärztliche Vorgehen“, sagt die S3-Leitlinien-Koordinatorin Prof. Dr. Margitta Retz aus München. Ein spezifischer Schwerpunkt liegt auf einer standardisierten Diagnostik und Therapie beim lokal fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom sowie bei Tumorerkrankungen mit einer Fernmetastasierung. „Besonders im Bereich der Tumornachsorge und Rehabilitation gab es dazu im deutschsprachigen Raum bislang nur bruchstückhaft Empfehlungen“, ergänzt Prof. Dr. Jürgen Gschwend aus München, ebenfalls Koordinator der Leitlinie. Der Frage nach der Anwendung kommerziell verfügbarer Blut- und Urintests zur Früherkennung des Harnblasenkarzinoms außerhalb von klinischen Studien erteilen die Leitlinienautoren eine Absage: Keiner der verfügbaren Marker könne derzeit zum systematischen Screening in der Gesamtbevölkerung oder in Risikogruppen empfohlen werden. Auf der Grundlage der medizinischen S3-Leitlinie wird derzeit eine Patientenleitlinie erstellt, die den Betroffenen helfen soll, bei schwierigen Entscheidungen, z. B. über den Erhalt oder die Entfernung der Harnblase, eine informierte Entscheidung treffen zu können.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V