Verhaltenssüchte: Diagnostische Herausforderungen

Einleitung Verhaltenssüchte sind ein relativ neues Forschungsfeld. Während die Klassifizierung der Glücksspielstörung schon länger erforscht ist, sind Internetnutzungsstörungen nur ansatzweise in Klassifikationssystemen repräsentiert. Gleichzeitig werden die Ansätze für Verhaltenssüchte des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders in der fünften Revision (DSM-5) und der Classification of Diseases in der elften Revision (ICD-11) neben der adressierten Computerspielstörung auch für weitere Störungen verwendet. Ziel ist, den derzeitigen Stand der Entwicklung von Verfahren und dessen Lücken zu präsentieren.

Material und Methodik Der derzeitige Stand der Entwicklung von Instrumenten wird auf Basis der verfügbaren Literatur sowie aktuell laufenden Forschungsvorhaben u. a. der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesichtet.

Ergebnisse Derzeit ist eine Reihe der verfügbaren Instrumente nicht an Konzepten von DSM-5 oder ICD-11 ausgerichtet. Weiterhin stellen die meisten Verfahren keine Diagnostik bereit, sondern eher ein Screening. Nur wenige diagnostische Interviews stehen zur Verfügung. Insbesondere der ICD-11 Ansatz erscheint sehr vielversprechend. Die hierfür entwickelten Verfahren werden vorgestellt und bezüglich ihrer psychometrischen Güte bewertet. Neben der Erfassung einzelner Verhaltensstörungen sind multibehaviorale Verfahren von praktischer Relevanz. Hierfür bietet das Assessment of Criteria for Specific Internet-use Disorders (ACSID-11) eine Möglichkeit. Weiterhin entwickelt eine Arbeitsgruppe der WHO sowohl ein diagnostisches Interview für die Gaming Disorder als auch ein entsprechendes Screeningverfahren. Ziel und Stand des Projektes werden vorgestellt.

Zusammenfassung Der derzeitige diagnostische Standard zur Diagnostik von Verhaltenssüchten ist defizitär. Aktuelle Entwicklungen sind erfolgsversprechend. Insbesondere ist die Entwicklung von Gold Standards sowie die Validierung anhand klinischer Merkmale von herausragender Bedeutung.

Publication History

Article published online:
30 August 2022