Suchttherapie 2022; 23(S 01): S11
DOI: 10.1055/s-0042-1755967
Abstracts
S06: State of the Art Verhaltenssüchte

Frühintervention und Elternarbeit bei Internetnutzungsstörungen im Kindes- und Jugendalter: Ergebnisse einer S1 Leitlinie

I Brandhorst
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
K Petersen
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
A Bischof
2   Universität zu Lübeck, Lübeck
,
KW Müller
3   Universität Mainz, Mainz
,
J H Rumpf
2   Universität zu Lübeck, Lübeck
,
M Spahn
4   Universität Landau, Landau
,
K Wölfling
5   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
,
M Wirtz
6   Drogenhilfe Köln, Köln
,
K Lindenberg
7   Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt am Main
› Author Affiliations
 

Einleitung Viele Jugendliche in Deutschland zeigen ein riskantes Internetnutzungsverhalten. Eine riskante Nutzung definiert sich durch erste Symptome einer Störung (z.B. Kontrollverlust und zunehmende Priorisierung), ohne alle diagnostischen Kriterien für eine Störung zu erfüllen (z.B. eingetretene negative Konsequenzen). Frühinterventionen verfolgen das Ziel, riskante Verhaltensweisen zu stoppen und damit der Entwicklung einer Störung entgegenzuwirken. Bislang liegen keine Empfehlungen vor, welche die Wirksamkeit von unterschiedlichen Arten und Kontexten, sowie der Zielgruppen für die Frühinterventionen bei Internetnutzungsstörungen im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter zusammenfassen.

Material und Methodik Unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V. wurde die Entwicklung einer S1-Leitlinie für Internetnutzungsstörungen initiiert. Die Arbeitsgruppe Frühintervention, bestehend aus verschiedenen Experten, führte im Juni 2021 eine systematische Literaturrecherche durch und zog daraus ein Fazit im informellen Konsens. Aus den zunächst 1.712 gefundenen Beiträgen in PubMed und Web of Science wurden 33 Titel für die Volltextanalyse ausgewählt. 7 weitere Titel wurden aus anderen Quellen ergänzt. Diese 40 Arbeiten wurden anhand eines definierten Schemas bewertet. 10 davon entsprachen den zuvor definierten Kriterien und wurden ausgewertet.

Ergebnisse Die größte Evidenz zeigt sich für Frühinterventionen in Bildungseinrichtungen für Personen mit erhöhter Symptombelastung. Evaluiert wurden bisher Programme mit kognitiven und verhaltenstherapeutischen Elementen. Daten fehlen, die eine abschließende Beurteilung der Ergebnisse von Frühinterventionen in Beratungseinrichtungen und von elternzentrierten Frühinterventionen zulassen.

Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen eine insgesamt sehr dünne Forschungslage. Die stärkste Evidenz findet sich für Frühinterventionen im schulischen Kontext. Viele weitere Frühinterventionsbereiche werden in wissenschaftlichen Arbeiten diskutiert (z.B. in Kindergärten, Grundschulen, Onlinetrainings, Informationsbroschüren für Eltern), die Datenlage lässt aber keine Beurteilung zu. Mögliche Einflussbereiche von Eltern werden im Vortrag diskutiert.



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Article published online:
30 August 2022

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